Die Tragikomödie „Die göttliche Ordnung“ ist eine allzu bieder inszenierte Geschichte über die Emanzipation in der Schweiz

Dass in den 70er-Jahren in vielen Ecken der Welt Frauen für mehr Gleichberechtigung kämpften, ist bekannt. Mit der Anekdote, dass in der Schweiz, diesem Mutterland des Volksentscheids, den Frauen bis 1971 das Wahlrecht versagt war, kann man dagegen selbst aufgeklärte Runden amüsieren. Das seltsame Gefühl, dass man die Geschichte kaum ernst nehmen mag, spiegelt sich in „Die göttliche Ordnung“ unmittelbar wider: Regisseurin Petra Biondina Volpe unterlegt mit komödiantischen Untertönen, was eigentlich ein Trauerspiel des starren Festhaltens an Traditionen war.

Nicht nur, dass Volpe den Zugang zur Historie mit Humor versüßt, auch ihr Drehbuch schlägt den Weg des geringsten Widerstands ein: Zentrale Heldin ist eine sympathische Hausfrau in der Provinz.: Nora (Marie Leuenberger) bedient ihre Familie so kompetent, dass der Zuschauer sofort begreift: Diese Frau wird es weit bringen. Außerdem hat sie einen netten Mann (Maximilian Simonischek).

Vronis Mann hat ihre ganze Lebensleistung versoffen

Auch wenn der ihr erst den gewünschten Halbtagsjob verbietet, gibt er ihr doch den willkommenen Anlass zur Revolte. Nora empfindet es als ungerecht, dass sie seine Unterschrift braucht, um arbeiten gehen zu dürfen. Dann fällt ihr auf, dass es auch anderen Frauen ihrer Umgebung nicht so gut geht. Etwa ihrer Schwägerin Theresa (Rachel Braunschweig), die den strengeren Mann hat. Dann gibt es noch die ältere Vroni (Sibylle Brunner), deren Mann ihre ganze Lebensleistung versoffen hat. Mit ihr und der frisch zugezogenen Italienerin Graziella (Marta Zoffoli) beginnt Nora, fürs Wahlrecht zu kämpfen.

Die Volksabstimmung darüber, bei der „natürlich“ nur die Männer abstimmen, ist bereits anberaumt. Der Ausgang ist bekannt; leider ist der Film genauso vorhersehbar. Volpes komödiantische Herangehensweise erweist sich als kon­traproduktiv. Vor 50 Jahren mag es subversiv gewesen sein, sich über Schweizer Patriarchenherrlichkeit lustig zu machen, deren Angstbild eine Frau ist, die, statt selbst zu kochen, eine Büchse Ravioli öffnet­. Heute sind das schale Späße.

Interessanter wäre es, den anachronistischen Verhältnissen von damals mit Ernst nachzugehen. Was etwa trieb Frauen um, die sich in „Komitees gegen die Verpolitisierung der Frau“ zusammentaten? In Volpes Film ist die einzige Frauenfigur, die der Gegenseite ein Gesicht verleiht, das Böse. Dass diese Frau die machtbewusste Chefin eines Unternehmens ist, nutzt Volpe nur als Beweis für böse Absichten, nicht als interessanten Widerspruch. Die Männer erfahren im Vergleich mehr Nachsicht: Dem Schwager ermöglicht die Emanzipation seiner Frau die Loslösung aus einer verhassten Lebens­situation. Und Noras Mann darf ihr stolz den ersten Orgasmus verschaffen.

Die durchweg biedere Inszenierung bestärkt noch das Gefühl, nicht in einem Film über die 70er-Jahre, sondern in einem aus den 70er-Jahren zu sitzen.

„Die göttliche Ordnung“ CH 2017, 96 Min., o. A., R: Petra Volpe, D: Rachel Braunschweig, Marta Zoffoli, Marie Leuenberger, täglich im Abaton, Koralle, Passage; www.goettlicheordnung.de