Mit Schauspieler-Sänger Tim Grobe hat „Tour de Farce“ am 30.7. Kammerspiele-Premiere

Als gefragter Schauspieler muss man heutzutage immens viel können: völlig gegensätzliche Charaktere verkörpern, Dialoge und Monologe lernen, oft singen, manchmal noch tanzen. Aber Treppen steigen? Das kann Tim Grobe dieser Tage nur mit Mühe, langsam und vorsichtig. Gegen frische Sommerluft und ein Glas Wasser draußen auf einem Treppen­absatz hat der Darsteller indes nichts. Probenpause in Eimsbüttel, unweit des Jerusalem-Krankenhauses. Beim Runterhumpeln hat Grobe an Opernstar Maria Callas und deren eiserne Disziplin erinnert, getreu deren Motto: „Das Publikum klatscht nicht für das, was einmal war.“

Und so kam es Tim Grobe, diesen in Hamburg aus Schauspielhaus und Kammerspielen bestens bekannten Rampentiger, auch nicht infrage, die „Tour de Farce“ abzubrechen, nachdem der passionierte Radfahrer bei einem Unfall auf dem Weg zur Probe fürs Stück gestürzt war. „Wir hatten in den ersten zwei Wochen schon so viel erarbeitet“, erzählt Grobe von der Kooperation mit Kollegin Caroline Kiesewetter, Pianist und Komponist Mathias Christian Kosel sowie Regisseur Axel Schneider. An dessen Kammerspielen hat das Stück der US-Autoren Kingsley Day und Philip La Zebnik am 30. Juli Premiere – Grobe wirkt trotz Kreuzbandrisses und Fraktur im linken Knie mit Manschette mit.

Umso bemerkenswerter, weil die „Tour de Farce“ eine Klipp-Klapp-Komödie mit zahlreichen Auf- und Abgängen sowie Umzügen ist. „Im Grunde spielen wir das Stück zu fünft – mit Inspizientin und zwei Dresserinnen“, erläutert Grobe. „Meine Kostüme werden am linken Bein nun alle etwas weiter geschnitten“, fügt der freischaffende Schauspieler an.

Grobe und Kiesewetter hatten sich bei der „Familienbande“ kennengelernt

Im Stück übernehmen Grobe und Caroline Kiesewetter jeder gleich fünf verschiedene Rollen, Grobe sogar eine als Frau. Die beiden Schauspieler hatten sich vor vier Jahren beim herrlich überdrehten Singspiel „Familienbande“ in den Kammerspielen kennen- und kollegial schätzen gelernt. Der jetzige Ausgangspunkt: Autor Herb und seine aufbrausende Gattin Rebecca checken auf ihrer Promotion-Tour für sein Buch „Ehe währt für immer“ im Hotelzimmer einer US-Kleinstadt ein. Beider Glück ist indes nur Fassade. Als eine Boulevard-Reporterin und ihr schwedischer Kameramann die große Story wittern, nehmen die Turbulenzen zu, immer mehr Personen tauchen auf.

„Ich habe das Stück gelesen und sofort gedacht: Das ist wirklich meins“, sagt Grobe. Es sei wie eine gute Daily Soap. „Ich brenne für solche Komödien.“ Das hat sich beim in Klassikern und Gegenwartsdramatik erprobten Charakterschauspieler entwickelt. 2012 hatte Grobe in Dietmar Loefflers groteskem Songdrama „Sylt – Ein Irrtum Gottes?“ in den Kammerspielen debütiert; als IT-Berater in der Neuauflage von Franz Wittenbrinks „Sekretärinnen“-Abend und zuletzt als schriller Psychoklempner im Familiendrama-Musical „Fast normal“ untermauerte Grobe seinen Ruf als Publikumsliebling, der auch schmachten kann.

Dabei hat der Schauspieler bis heute nie Gesangsunterricht genommen, seit ihn Regisseur Jörg Pataki im Schauspielhaus als Mackie Messer in der „Drei­groschenoper“ besetzte. „Ich bin ja jetzt keine 22 mehr“, sagt der gebürtige Duisburger, „die Stimme entwickelt sich eben mit der Zeit.“ Das Naturtalent, auch ein großer Opern-Fan, erwähnt es mit der Gelassenheit seiner 48 Jahre im leichten Ruhrpott-Dialekt. Dann richtet er sich langsam auf – es geht wieder die Treppe hoch in den stickigen Probenraum. Der musikalische Leiter Kosel hat eigens neue Arrangements geschrieben, überwiegend jazzige, indes aucb mal schräge. Jetzt steht noch ein Opern-Duett auf dem Plan. Grobe und Caroline Kiesewetter üben es im Sitzen.

Diese „Tour de Farce“ ist schließlich Knochenarbeit genug. Vor allem, aber nicht nur für Tim Grobe.

„Tour de Farce“ Premiere So 30.7., 19.00, dann Fr 4.8.–So 17.9., Kammerspiele (U Hallerstraße), Hartungstraße 9–11, Karten zu 23,- bis 48,- unter
T. 413 34 40; www.hamburger-kammerspiele.de