Hamburg. Nach den G20-Krawallen: Die Ideen von Prominenten und Anwohnern zur Zukunft des linksautonomen Zentrums

Schließen und abreißen – oder doch lieber einen Kindergarten daraus machen? Zwei Wochen sind die Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg nun her, und in der Hansestadt ist eine kontroverse Diskussion darüber entbrannt, was aus dem linksautonomen Kulturzentrum Rote Flora werden soll. Das Hamburger Abendblatt hat prominente Hamburger aus Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik um ihre Ideen und Vorschläge gebeten.

Theaterchef Corny Littmann sprach sich für eine „uneingeschränkte Gesprächsbereitschaft“ aller Beteiligten aus und bot Kulturschaffende als Vermittler an. Der Chef der Drogeriekette Budnikowsky, Cord Wöhlke, mahnte, rechtsfreie Räume und kriminelle Ausschreitungen dürften nicht toleriert werden.

Der Intendant des Thalia Theaters, Joachim Lux, sieht die wahre Chance für die Rote Flora, „sich ähnlich wie Gängeviertel oder Hafenstraße als politisch kritischer Lebensraum und zivil-friedlicher Gegenort zu entwickeln“. Die Hafenstraße als Vorbild – ähnlich sieht es der Stadtplaner Joachim Reinig. In der Hafenstraße sei Platz für andere Regeln des Zusammenlebens, was für den inneren Frieden einer Stadtgesellschaft wichtig sei.

Für Dirk Luckow, Chef der Deichtorhallen, gehört die Rote Flora zur DNA des Schanzenviertels. Das Kulturzentrum stehe als Symbol für eine kritische Öffentlichkeit – es wäre ein fatales politisches Signal, würde man die Rote Flora jetzt schließen.

Der Schanzen-Anwohner Alexander S. forderte, die Rolle der Roten Flora bei den Ausschreitungen aufzuarbeiten. „Sie hätten die vorrevolutionäre Romantik sehen müssen.“ Der Anwohner Meik Mewes sprach sich für eine Schließung des Zentrums aus, da die „Besetzer zu den Krawallen aufgerufen haben und nur bedauern, dass es in ihrem Stadtteil geschehen ist“.

Dagegen hält Joseph Tehn – er betreibt ein Café unweit der Roten Flora – eine Schließung für kontraproduktiv. „Die Krawallbrüder kommen so oder so.“ Pastor Sieghard Wilm von der St. Pauli Kirche schlug ein Moratorium für ein Jahr vor. In dieser Zeit könne die Flora als Theater genutzt werden.

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