Washington.

Damaris Reyes Rivas war 15, als man ihre von Messerstichen entstellte Leiche unter einem Stapel Bahnschwellen fand, keine Autostunde vom Weißen Haus in Washington entfernt. Der Befehl für die Ermordung des dunkelhaarigen Mädchens, ausgeführt von einer 17-Jährigen und in einem erschütternden Handy-Video dokumentiert, kam laut Bundespolizei FBI aus einem Gefängnis im Krisenstaat El Salvador. Dort sitzt die Führungsebene der Mara Salvatrucha, kurz MS-13, und straft über Tausende Kilometer Entfernung Verräter und Rivalen ab.

„Kill, rape, control“ (Töte, vergewaltige, kontrolliere) ist die Losung der kriminellen Gang. Sie verbreitet in über 40 US-Bundesstaaten Angst und Schrecken. Schutzgelderpressung, Prostitution, Menschen- und Drogenhandel sind ihre Domänen. Die oft am ganzen Körper tätowierten „Maras“ sind berüchtigt für ihre bestialische Brutalität. Die Machete ist die Waffe ihrer Wahl. Neuen Mitgliedern wird ein Mord als Loyalitätsbeweis abverlangt. Weibliche Novizen müssen eine Vergewaltigung über sich ergehen lassen.

Spektakuläre Gewalttaten, in Long Island bei New York wurden vor kurzem vier unbescholtene Teenager geradezu massakriert, haben MS-13 auf den Radarschirm von Präsident Donald Trump gebracht. Er attestiert den oft jugendlichen Killern die „Grausamkeit“ der Islam-Terroristen von al-Qaida und will an ihnen ein Exempel statuieren. „Wir werden sie sehr rasch aus unserem Land werfen.“ Eine Botschaft, die in Lateinamerika für Aufregung sorgt. Dort hält man die Mara Salvatrucha für ein Geschöpf der Yankees und fürchtet eine tödliche Neuauflage.

Rückblick: In den 80er-Jahren wütet in El Salvador ein blutiger Bürgerkrieg. Zigtausende fliehen über den Rio Grande in die USA. Sehnsuchtsziel Kalifornien. Die armen Vorstädte von Los Angeles stehen jedoch unter der Fuchtel schwarzer Streetgangs. Die Latino-Exilanten formieren Gegenwehr. Rund um die 18. Straße im Stadtteil Rampart entsteht die Gang Barrio 18. Nicht weit davon entfernt breitet sich die Mara Salvatrucha aus. Salva = El Salvador, trucho = gewitzt.

„Schwarze Witwen“ locken Männer in die Falle

Aus den USA ausgewiesene Salvadorianer etablieren die Gang in El Salvador. Dort ist sie Staatsfeind Nr. 1., hat auch Länder wie Honduras und Guatemala im Würgegriff. Und tötet alles, was sich ihr in den Weg stellt. Mit 91 Morden je 100.000 Einwohner pro Jahr gehörte El Salvador 2016 zu den gefährlichsten Ländern der Welt. Systematisch werden dort Jugendliche von den Banden rekrutiert. Wer kann, der flieht in die USA. Wie in den 80er-Jahren. Ein Teufelskreis. Sollte Präsident Trump die Deportationen von straffällig gewordenen „Maras“ vervielfachen, rechnen Analysten der Georgetown-Universität in Washington „mit einem erneuten Exodus“.

Wie schwierig der Kampf ist, weiß Italien. In Mailand lebt mit 18.000 Einwanderern die größte salvadorianische Gruppe außerhalb des amerikanischen Kontinents. In den ärmeren Stadtgebieten liefert sich die Mara Salvatrucha Gefechte um die Vorherrschaft im Drogenhandel. Die Gewalt und die Raffinesse, sagen Fahnder, erschrecken sogar die Mafia.

In El Salvador hat MS-13 gerade mit dem „Schwarze Witwen“-Trick für Aufsehen gesorgt. Die Mara Salvatrucha präsentiert Männern heiratswillige Frauen, die angeblich die US-Staatsbürgerschaft besitzen. Um das Bündnis zu besiegeln, müssen die Frauen eine Lebensversicherung abschließen. Kurz nach der Heirat werden die Männer ermordet. Den Witwen wird der Erlös abgepresst.

Zuletzt wurden landesweit 1300 „Maras“ festgenommen. Über 400 Gangmitglieder sind in diesem Jahr bereits deportiert worden. Ein Minimalerfolg. Justizminister Jeff Sessions geht von rund 10.000 Mitgliedern in den USA aus.