Hamburg. Innenminister de Maizière hält nach G20-Ausschreitungen Meldeauflagen für denkbar. Neue Kritik an Olaf Scholz

Erst vor einer Woche hatten schwere Krawalle beim G20-Gipfel die Hansestadt erschüttert. Nun will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) polizeibekannte Gewalttäter von Demonstrationen aussperren. „Wir sollten ihnen auferlegen, sich in bestimmten zeitlichen Abständen bei der Polizei zu melden, oder ihnen notfalls Fußfesseln anlegen“, sagte de Maizière dem Abendblatt.

Die Krawallmacher sollten die Demonstration gar nicht erst erreichen dürfen, so der Minister. „Gewalttäter zu stoppen ist Prävention im besten Sinne.“ Es gehe nicht darum, das Demonstrieren zu verbieten, sondern schwere Gewalttaten zu verhindern. Skeptisch reagiert de Maizière auf Forderungen nach einer europä­ischen Datei für Linksextremisten. Er verlangt zudem eine stärkere Distanzierung von militantem Extremismus: „Es gibt einen wichtigen Konsens: null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus. Gegenüber dem Linksextremismus vermisse ich in Teilen des linken Spektrums eine genauso klare Distanzierung.“

Rund vier Stunden lang konnte am Freitag vor einer Woche der Mob marodierend durch das Schanzenviertel ziehen, bis die Polizei in der Lage war einzuschreiten. Dennoch stärkt der Bundesinnenminister der Hamburger Einsatzleitung den Rücken: „Die Entscheidung, normale Polizisten nicht in große Gefahr zu bringen, sondern Spezialkräfte abzuwarten, ist für mich absolut nachvollziehbar. Die Polizistinnen und Polizisten, die im Einsatz waren, haben unser aller Dank verdient.“

Zur Rolle der Flora sagte de Maizière, er glaube, dass über die Jahre eine „logistische Struktur“ entstanden sei, die sich nicht eindeutig vom Linksextremismus distanziere. Der Minister: „Spätestens jetzt muss man beginnen, klug dagegen vorzugehen.“ Die Zahl der beim Gipfel verletzten Polizisten ist geringer als angenommen. Die genannte Zahl von 476 Beamten beziehe sich auf den „erweiterten Einsatzzeitraum“ vom 22. Juni bis zum 10. Juli, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. In der „heißen“ Phase, vom 6. bis zum 9. Juli, seien 231 Beamte verletzt worden.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist am Freitag erneut in die Kritik geraten. Erst sagte er NDR 90,3: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise.“ Danach distanzierte sich die Bürgerschaftsfraktion der Grünen, sein Koalitionspartner, davon. Die innenpolitische Sprecherin Antje Möller: „Es laufen derzeit 35 rechtsstaatliche Verfahren gegen Polizeibeamtinnen und -beamte. Die Frage der Schuld wird in einem Rechtsstaat am Ende des Verfahrens festgestellt, nicht am Anfang.“


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