Einmal ein Held sein. Stark und edel wie die Großen. Das will auch Spider-Man. Aber wenn er einen Mann beim Aufbrechen eines Autos überwältigt, stellt sich heraus, dass das der Besitzer ist, der nur den Schlüssel verlegt hat. Bei seinen Sprüngen trägt es ihn öfter aus der Spur. Und beim schnellen Wechsel ins Superheldenkostüm stolpert er über sich selbst. Ein Held? Ein Tollpatsch.

In „Spider-Man: Homecoming“ sehen wir in nur 15 Jahren bereits den dritten Kino-Darsteller des Comic-Helden. Nicht schon wieder, mag man reflexartig denken. Immerhin hat Tobey Maguire schon dreimal Spinnennetze im Kino ausgeworfen, Andrew Garfield brachte es immerhin auf zwei Einsätze. Und doch ist es nun etwas anderes. In „Homecoming“ wird nicht zum dritten Mal erzählt, wie Peter Parker von einer radioaktiv verseuchten Spinne gebissen wird und danach Superkräfte in ihm wachsen. Das setzt man getrost als bekannt voraus.

Die erste Neuerung ist schon mal, dass der neue Darsteller, Tom Holland, deutlich jünger ist. Tobey Maguire war zu Beginn seiner Spinnerei 27, Andrew Garfield fast 30. Der Brite Holland aber, bisher vor allem aus dem Musical „Billy Elliot“ im Londoner West End bekannt, war bei den Dreharbeiten gerade mal 19. Und spielt einen 15-Jährigen, der wieder die Schulbank drückt und auch ersten Liebeskummer hat. Kevin Feige, der Chef von Marvel, will sogar, dass sich die neue Spider-Man-Reihe ein bisschen an Harry Potter orientiert, nur halt mit Spinnweben statt Zauberstab. Der Wunderschüler für die Millennials.

Dann aber wird Spider-Man vor allem ins sogenannte Marvel Universe implantiert. Die Marvel-Comics haben Helden wie Thor, Iron Man und Captain America hervorgebracht und bringen sie regelmäßig als „Avengers“ zusammen. In „The First Avenger: Civil War“ hatte Spider-Man seinen ersten Auftritt (am Leipziger Flughafen), als Adlatus von Tony Stark alias Iron Man. Jetzt kriegt die neue Spinne mit „Homecoming“ zwar einen Solofilm, hat dabei aber keinen guten Onkel Ben mehr, der ihn das Gute lehrt. Diese Rolle übernimmt Robert Downey Jr. als Tony Stark. Spider-Man will einer der Avengers werden, muss sich aber ständig anhören, dass er dafür noch nicht die Größe hat. Der Held als Pennäler, als Küken unter den Comic-Stars: Das verleiht dem schon etwas abgelutschten Genre tatsächlich eine ungeahnte Frischzellenkur.

Wer die früheren Spider-Man-Filme mochte, dem könnte dieser Bubenstreich womöglich ein wenig sauer aufstoßen: weil Tom Holland gar zu sehr den Schussel gibt. Auch dass Tony Stark alias Iron Man sein Spinnenkostüm technisch upgradet, ist gewöhnungsbedürftig. Aber genau dieser Einfluss ist es, von dem sich der Super-Teenie freispielen muss. So sieht man doch noch mal, aber auf neue Weise, wie Spider-Man zu sich selber findet.

Und noch ein Clou bietet dieser Neustart: Als Bösewicht wurde kein Geringerer als Michael Keaton gewonnen. Der hat einst selbst einen Helden gegeben, nämlich Batman. Und das in seinem oscarprämierten Film „Birdman“ kräftig parodiert. Als Birdman hatte er kräftige Flügel, und genau die hat er jetzt auch als Vulture, ein Finsterling, der das Washington Monument zu Kleinholz und die Fähre von Staten Island in zwei Hälften zerlegen will. Ein Comic-Held, ein zweiter als Ersatzpapa und ein Ex-Held als Schurke: Das ist ja fast schon Comic-Inzest, gibt dem Ganzen aber einen Extra-Schuss Humor. Und wohltuende Selbstironie.

Spider-Man: Homecoming (3D) USA 2017, 130 Minuten, ab 12 Jahren, Regie: Jon Watts, Darsteller: Tom Holland, Marisa Tomei, Robert Downey Jr., täglich im Cinemaxx Dammtor/ Harburg/Wandsbek, Hansa, Savoy (OF), UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek