Löbau.

Der Rentner, der am Tag nach dem Unglück vor dem Reisebüro Reimann steht, kämpft mit den Tränen. Er und mit ihm die meisten im Ort sind fassungslos.

Dem Familienbetrieb gehört der am Montag auf der A9 in Oberfranken (Bayern) verunglückte Reisebus; die meisten Reisenden kamen aus Sachsen. Unter den 18 Toten, die aus dem ausgebrannten Wrack geborgen wurden, ist auch ein Reimann-Fahrer.

Der Chef des Unternehmens aus dem sächsischen Löbau will sich am Tag danach nicht mehr äußern. Die Versicherung hat ihm einen Berater an die Seite gestellt: „Es ist ein schwerer Schlag“, sagt Patrick von Krienke. Nach seinen Angaben waren beide Fahrer des Unglücksbusses mehr als zehn Jahre für das Unternehmen unterwegs. Der 55-Jährige, der zum Zeitpunkt des Unfalls am Steuer saß und ums Leben kam, hinterlässt eine Lebensgefährtin und eine gerade erwachsene Tochter. „Sie sind vollkommen aufgelöst“, berichtet Krienke. Auch die Frau arbeitet für die Firma.

Vom Tod ihrer Angehörigen haben die Betroffenen von der Polizei und dem Notfallseelsorger erfahren. Der Besuch komme unangekündigt, sagt Christian Mendt, Polizeiseelsorger.

„Wenn man vorher anruft, setzt man Bilder und Fantasien sofort in Gang.“ Dabei wisse man nicht, wie der Betroffene reagiert. „Es kann ja bis hin zu suizidalen Verhaltenweisen kommen.“ Deshalb sei sofort jemand da, der den Schock, den die Nachricht auslöst, mit durchstehe, sagt der Pfarrer, der auch den Einsatz der Seelsorger bei den Angehörigen der Bus-Toten koordiniert hat.

Die Businsassen, die das Unglück überlebten, benötigten ebenfalls Hilfe, sagt Sachsens Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU), die noch am Montag Verletzte in Krankenhäusern besuchte. „Sie sollen wissen, dass wir das Mitgefühl und die Trauer gemeinsam tragen.“ Nach Erkenntnissen der Ermittler war der Reisebus mit 48 Menschen an Bord bei sich stauendem Verkehr auf einen Sattelzug aufgefahren und sofort in Brand geraten. Die Polizei konzentriert sich bei der Ursachensuche auf den Fahrer – neben einem technischen Fehler.

23 Menschen werden noch in Kliniken behandelt

Für seine Kollegen aber ist das unvorstellbar. „Er war ein versierter, überaus vorsichtiger und bedachter Fahrer, fuhr lieber langsamer als zu schnell und nie mit Tempomat“, erklärt Krienke, der auch darauf verweist, dass es Schilderungen von mehreren Augenzeugen gebe, wonach der Lastwagen den Bus überholt hätte und kurz vor dem Bus wieder eingeschert sei.

Das Familienunternehmen hatte für die Tour eines anderen sächsischen Reisebüros zum Gardasee einen ihrer weißen Busse mit blau-gelb-rotem Streifen zur Verfügung gestellt. „Wir fahren oft auch als Dienstleister.“ Auf dem Firmengelände am nordöstlichen Stadtrand stehen sechs der Fahrzeuge, vor der Hofeinfahrt zum Privatgrundstück weht rot-weißes Flatterband.

„Wir sind unheimlich betroffen“, sagt der Stellvertreter des Löbauer Bürgermeisters, Guido Storch. Auch im Rathaus bucht man gern beim Reiseunternehmen Reimann, etwa für Fahrten zum Schwimmunterricht oder den Betriebsausflug. „Es ist unvorstellbar, dass sie Schuld tragen an dem, was passiert ist“, sagt Storch.

Inzwischen hätten von den 30 Verletzten sieben Leichtverletzte die Krankenhäuser wieder verlassen. Bei drei der 23 Opfer, die noch in den Kliniken behandelt werden, bestehe jedoch weiterhin Lebensgefahr.

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