Berlin.

Ausgerechnet bei der Arbeit als TV-Experte in Wimbledon, Ort seiner größten Triumphe, ereilte Boris Becker der nächste Schock – kurz nach dem Gerichtsurteil in England, in dem die Sportlegende für bankrott erklärt wurde. Seit Dienstagnachmittag steht nämlich fest, dass Beckers Probleme sogar noch deutlich größer sind, als es zunächst schien. Ein angesehener Schweizer Unternehmer und ehemaliger Geschäftspartner fordert eine horrende Summe von Becker: Er will 36,5 Millionen Euro – und erhebt zugleich schwere öffentliche Vorwürfe gegen seinen früheren Schützling.

Hans-Dieter Cleven verlangt die Rückzahlung von 40 Millionen Schweizer Franken, wie er in einer Pressemitteilung verbreiten lässt. Seine Forderung will er an das Verfahren in England anhängen. „Nachdem kürzlich das Urteil eines Londoner Insolvenzgerichts öffentlich bekannt geworden ist, wonach dieses Boris Becker als insolvent erklärt hat“, sehe er sich gezwungen, seine Forderungen ebenfalls geltend zu machen. Cleven kennt Becker mindestens seit Ende der 90er-Jahre, die beiden arbeiteten einst eng zusammen. Nun beschuldigt Cleven den 49-Jährigen, sich nicht an Vereinbarungen zu halten. In dem Schreiben heißt es: „Zahlreiche Einigungsversuche wurden von Boris Becker nicht wahrgenommen. Und Rückzahlungsversprechen, die von Boris Becker schriftlich anerkannte Forderung von über 40 Millionen Schweizer Franken innerhalb vereinbarter Fristen zu zahlen, wurden von Boris Becker wiederholt nicht eingehalten.“ Sicherheiten, die der dreifache Wimbledon-Sieger in Darlehensverträge eingebracht habe, soll Becker „vertragswidrig anderweitig verwertet“ haben – „zuletzt geschehen mit seinen Autohäusern in Deutschland“. Damit spielt Cleven offenbar auf die drei Mercedes-Verkaufsstellen in Mecklenburg-Vorpommern an, die der dreifache Wimbledonsieger 23 Jahre lang betrieb und die er kürzlich verkaufte.

Nachdem ein Konkursgericht Becker am 21. Juni für zahlungsunfähig erklärt hatte, nahm er in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ Stellung zu seiner finanziellen Situation. „Ich bin weder zahlungsunfähig noch pleite. Ich komme allen meinen Verpflichtungen gegenüber meinen Mitarbeitern und sonstigen monatlichen Ausgaben nach.“ Auch sein Anwalt behauptete in einem Schreiben an diese Redaktion, Beckers Vermögen übersteige die gegen ihn bestehenden Forderungen. Allerdings: Zunächst ging es um Schulden bei einer Privatbank in Höhe von angeblich 3,5 Millionen Euro. Er habe ausreichend Geld, „um Forderungen in dieser Größenordnung zu erfüllen“, versicherte Becker. Letzte Woche hatte Becker bereits Schweizer Schulden in Höhe von 180.000 Euro an eine Ausgleichskasse in Zug beglichen. Beckers Berliner Anwalt Christian-Oliver Moser sieht in Clevens Forderung „den untauglichen Versuch, über öffentlichen Druck eine nicht berechtigte Forderung gegen unseren Mandanten durchzusetzen“.

Hans-Dieter Cleven brachte Ordnung in Beckers Geschäfte

Cleven ist ein mächtiger Strippenzieher. Er hat den Handelsgiganten Metro mit aufgebaut und galt als enger Vertrauter des verstorbenen Konzerngründers Otto Beisheim. Becker half er, seine Geschäfte zu ordnen – etwa, als dessen Marketingagentur BBM (Boris Becker Marketing) 2001 ihre Tätigkeit einstellte. Zusammen gründeten sie in der Schweiz ein Unternehmen und eine Stiftung. Das „Manager Magazin“ berichtete 2003 von einem Privatkredit, den Cleven Becker angeboten habe: Als sich Becker wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten musste und ihm zeitweise eine Millionenstrafe drohte, bot sich Cleven als Retter in der Geldnot an.

Becker sieht sich immer wieder Spekulationen um seine finanzielle Situation ausgesetzt. Seine Finca auf Mallorca stand mehrfach vor der Zwangsversteigerung. Gegenüber der „SZ“ betonte er, Streit gehöre zum Leben eines Unternehmers dazu. Finanziell müsste er eigentlich abgesichert sein: Während seiner aktiven Zeit soll er 200 Millionen Euro verdient haben.