Halstenbek. Halstenbeker Leichtathletin Anika Nießen ist Deutschlands beste Weitspringerin der Altersklasse W15

Als Anika Nießen (15) acht Jahre alt war, ließ ihre Mutter Janet, einst selbst ambitionierte Leichtathletin, die Kindergruppe bei der Halstenbeker TS wieder aufleben. Nießen ist ihrem Sport über die folgenden sieben Jahre bis heute treu geblieben. „Wir waren damals zehn Kinder. Heute sind aus dieser Gruppe nur noch Takashi Themann und ich übrig geblieben“, sagt sie.

Dass Anika Nießen hochtalentiert ist, steht außer Frage. Bei den U-18-Landesmeisterschaften in Hamburg setzte sie kürzlich ein großes Ausrufezeichen: Im Weitsprung landete Nießen gleich bei ihrem ersten Versuch nach
5,84 Metern in der Sprunggrube.

Damit verbesserte die Halstenbekerin nicht nur ihre eigene Bestleistung um sieben Zentimeter, sondern gewann im Alter von nur 15 Jahren den Landesmeistertitel der U-18-Konkurrenz. Zudem ist sie nun beste Weitspringerin Deutschlands in der Altersklasse W15. Die Zweite der Bestenliste kommt auf 5,63 Meter – das ist ein stattlicher Unterschied von
21 Zentimetern.

„Anika ist bei uns das aktuell größte Talent. Knapp dahinter kommt aber bereits M-15-Athlet Ben Beelitz, der aktuell die Nummer fünf in der deutschen Blockmehrkampf-Rangliste ist“, sagt ihr Trainer Christian Küttner (44), der Anika Nießen seit viereinhalb Jahren betreut und zudem Leichtathletik-Abteilungsleiter der Halstenbeker TS ist.

Mit der 4 x 100-Meter-Staffel des Clubs landete Nießen zudem noch auf dem zweiten Platz. Anika Nießen springt weit – aber verliert trotzdem nicht gleich die Bodenhaftung. Olympia, das Ziel aller Leichtathleten, ist eben noch in weiter Ferne. „So weit will ich jetzt noch gar nicht denken. In diesem Jahr ist mein Ziel eine Medaille im Weitsprung bei der deutschen U-16-Meisterschaft in Bremen“, sagt Nießen, die dort Mitte August antritt.

Mischung aus Talent und Ehrgeiz ist die Erfolgsformel

Als Mitglied des Landeskaders möchte sie es 2018 in den Bundeskader schaffen. Athleten ab 16 Jahren werden erst in die U-18-Talentschmiede aufgenommen. „Generell ist es so, dass Leichtathleten bis zu dieser Altersgrenze sich möglichst breit aufstellen, um sich danach dann auf bestimmte Disziplinen zu spezialisieren“, so Küttner.

Nießen tritt auch im Blockwettkampf an. Das heißt, dass sie diverse Disziplinen aus den Bereichen Sprint/Sprung, Lauf und Wurf beherrscht – oder beherrschen sollte. „Weitsprung mag ich am liebsten, Hochsprung nicht so gern, das ist wohl eher eine Kopfsache. Im Speerwurf fehlt mir wohl einfach das Talent“, gibt die Schülerin des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums ehrlich zu.

Viermal die Woche trainiert die deutsche Vizemeisterin im U-16-Blockmehrkampf (Sprint/Sprung). Insgesamt sind es sieben Stunden. Während der Sommersaison ist sie nahezu jedes Wochenende unterwegs.

„Man braucht einfach eine gute Mischung aus Talent und Ehrgeiz, sonst wird man nicht so erfolgreich“, sagt Nießen, deren Schwester Melina (12) ebenfalls bei der Halstenbeker TS in der Sparte Leichtathletik aktiv ist. Neben der Schule und dem Sport bleibt da nicht viel Zeit für andere Hobbys. Anika Nießen ist gerade in einer Tanzschule aktiv und nutzt die wenigen Phasen der Ruhe, um sich zu erholen. Beinahe selbstverständlich ist sie auch als Leichtathletik-Trainerin einer Gruppe von neun bis zwölf Jahre alten Nachwuchssportlern im Club tätig.

Ohnehin ist ihr der soziale Gedanke wichtig. „Man sagt ja immer, dass Leichtathleten oft Einzelkämpfer sind. Aber ich finde gerade das Training hier in der Gemeinschaft gut. Wenn man sich gegenseitig motiviert.“ Und wenn mal eine Konkurrentin besser ist? „Natürlich macht man sich dann schon Gedanken, warum es nicht so geklappt hat, aber ich würde sagen, dass es zumindest auf Landesebene keinen Neid gibt“, meint die Halstenbekerin. Gute Leistungen müsse man eben anerkennen. Ehrgeizig sei sie aber schon, da stimmt Küttner lächelnd ebenfalls zu. „Ihre Stärken sind die Schnelligkeit, mit der sie komplexe Bewegungsabläufe erlernt, und der unbedingte Wille, immer eine perfekte Leistung abzuliefern“, sagt der Coach, der als Abteilungsleiter der HTS das Zusammenspiel von 140 aktiven Sportlern zwischen sechs und 91 Jahren koordiniert.

Mit dem Ehrgeiz und Durchhaltevermögen ist es aber bisweilen so eine Sache, vor allem in den Wintermonaten. „Es gibt immer mal Phasen, in denen man weniger Bock hat. So ungefähr bis März macht man immer nur Stabilitätsübungen und viel Konditions- und Tempoarbeit. Aber natürlich ist das für die Außensaison letztendlich schon sehr wichtig “, sagt Nießen. Die Arbeit an den Grundlagen sorgen nun einmal für
spätere Erfolge – das hat sie mit ihrem Rekordsprung eindrucksvoll bewiesen.

Anika Nießen startet am Sonnabend, 1. Juli, in Lage (Niedersachsen) bei der deutschen U-16-Blockmehrkampf-Meisterschaft.
Weiter geht es mit norddeutschen Titelkämpfen (Hamburg,
15. und 16. Juli). Anschließend stehen noch die Einzel-Landesmeisterschaften in Büdelsdorf an.
Die U-16-DM in Bremen am
12. und 13. August ist das dies­jährige Highlight.