Jetzt hat die Frauenquote auch den Comic-Film erreicht. Endlich. Frauen spielten dort ja nur eine untergeordnete Rolle, sie mussten dauernd gerettet werden und hatten den Helden ansonsten anzuschmachten. Im Superheldenclub der Avengers befindet sich mit Scarlett Johansson gerade mal eine einzige Lady, und bezeichnenderweise verfügt sie im Gegensatz zu den Kerlen nicht über übernatürliche Kräfte. Aber jetzt kommt Wonder Woman und verschiebt die Kräfteverhältnisse radikal. „Batman vs. Superman“ war im vergangenen Kinojahr der größte Flop, trotz der berühmten Helden. Am Ende stand aber plötzlich dieses Wunderweib in all den Trümmern, die die beiden Superjungs angerichtet hatten. Der ganze Film schien ein einziger Werbespot für ihr Kommen. „Wonder Woman“ ist nun ihre erste Solonummer, und die hat es in sich.

Die Superheldin, gespielt von der Israelin Gal Gadot, die man sonst nur aus den „Fast & Furious“-Filmen kennt, wächst auf einer verborgenen Insel unter lauten Amazonen auf. Als Prinzessin Diana ist sie buchstäblich die Königin der Herzen. Und wird von ihrer Tante (Robin Wright) zur härtesten aller Kämpferinnen trainiert. Bis eines Tages plötzlich ein Flugzeug vom Himmel fällt und damit die Neuzeit brachial in das Antiken-Idyll einbricht. Diana rettet den Piloten Steve Trevor (Chris Pine) vor dem Ertrinken. Es ist der erste Mann, den sie je gesehen hat. Aber gleich folgen zahllose weitere: Deutsche Soldaten, die den britischen Spion verfolgt haben, stürmen die Insel. Und die Kriegerinnen, die recht archaisch mit Pfeil und Bogen, Lasso und Schwert gegen sie anreiten, werden von deren Maschinengewehren niedergemäht. Äonen haben sich die Amazonen auf die Rückkehr des grausamen Kriegsgottes Ares vorbereitet. Und der scheint jetzt gekommen, erzählt der Pilot doch von dem Großen Krieg, in den die ganze Welt verstrickt ist. Deshalb beschließt Diana, Steve in seine Welt zu begleiten und nicht nur das Böse, sondern den Krieg an sich zu bekämpfen.

Eine hübsche Idee: Eine starke, autarke Amazone wird ausgerechnet in die 1910er-Jahre katapultiert, als Frauen noch keine Rechte hatten und in enge Korsetts gezwängt wurden. Eine Art Super-Suffragette. Erst wird auch sie zur Tarnung in lange, kampfungeeignete Röcke gesteckt und zur Armeesekretärin Diana Prince degradiert. Aber das hält sie nicht davon ab, die greisen Herren Politiker im Parlament zu brüskieren. Und an die Front des Ersten Weltkrieges zu drängen, wo sie endlich ihren langen Mantel abwirft und erstmals ihr Superheldinnen-Kostüm entblößt: goldenes Diadem, superkurzes Röckchen und Armbänder, an denen jede Kugel abprallt.

So rennt sie allein gegen die „Krauts“ im Allgemeinen und den Giftgas brauenden General Ludendorff (Danny Huston) im Besondern. Ja, die Deutschen sind mal wieder die Bösen. Und Wonder Woman verändert die Weltgeschichte. Was natürlich nicht an die große Glocke gehängt werden darf – sie ist ja eine Frau.

Wonder Woman wurde 1941 von dem Psychologen William Moulton Marston kreiert, der auch als Erfinder des Lügendetektors bekannt wurde. Marston war Comic-Fan und Feminist – und ärgerte sich so sehr , dass unter den Superhelden keine Frau zu finden war, dass er selbst eine erfand. Dass auch ein Lasso der Wahrheit zu ihren Waffen zählt, ist eine klare Replik an seinen Lügendetektor. Es war die erste Lanze für eine Superheldin.

Seit 20 Jahren gab es den Plan, den Stoff ins Kino zu bringen. Nun ist es endlich so weit. Und „Wonder Woman“ ist nicht nur die erste Superheldin im Comic-Kino-Universum, es ist auch der erste Comic-Film, der von einer Frau inszeniert wurde – von Patty Jenkins, die mit „Monster“ bekannt wurde und eher für Drama als für Action steht. Was „Wonder Woman“ durchaus bekommt. Weil es nicht nur um den üblichen Effekte-Salat geht, sondern um Gefühle und Konflikte. Und um den berechtigten Zorn, ewig wegen seines Geschlechts behindert zu werden.

„Wonder Woman“ USA 2017, 141 Minuten, ab 12 Jahren, Regie: Patty Jenkins, Darsteller: Gal Gadot, Chris Pine, Robin Wright, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Savoy (OF), Studio, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek