Norderstedt. Wie es Familie Khadjeh-Nouri gelang, Norderstedt zu einem Veranstaltungsmekka für Tänzer zu machen

Jussoff Khadjeh-Nouri kam eher durch Zufall zum Tanzen. Er ging für seinen jüngeren Bruder Asis zu den Tanzstunden, als der lieber Fußball spielen wollte. Dann blieb er dabei, „weil ich mich in die Tanzlehrerin verliebte“, erinnert sich der heute 55-Jährige an die Anfänge.

Der Liebe verflog, die Leidenschaft für den Tanzsport blieb. Inzwischen hat sich nicht nur Khajeh-Nouri einen Namen in der Tanzsportszene gemacht – er hat zudem Norderstedt als Tanzveranstaltungshochburg etabliert. Seit 22 Jahren führen Jussoff und seine Frau Janet Khadjeh-Nouri das „Tanzcentrum Die 3“ am Harksheider Markt. Neben vielen Kursangeboten für Kinder und Jugendliche gibt es verschiedene Programme für Erwachsene, von Schnupperstunden über Hochzeitstanz-Crashkurse bis hin zu regelmäßigem Training.

Darüber hinaus richten die Tanzschul-Betreiber vor allem zahlreiche Großveranstaltungen aus: Zu Pfingsten waren 300 Tänzer zum 20. Mal zu den Norderstedter Tanzsporttagen eingeladen. Im Mai wurden zum dritten Mal in Norderstedt nach 2008 und 2012 die Deutschen Meisterschaften im Hip Hop-Tanzen ausgetragen. Immerhin 1200 Tänzer waren am Start. Die Khadjeh-Nouris haben sechsmal die Norddeutschen Meisterschaften nach Norderstedt geholt und zweimal den Deutschland-Cup, der für die Qualifikation zur Europameisterschaft wichtig ist.

Und jedes Jahr im Herbst üben sie mit einigen Hundert Kindern ein Tanz-Musical im Festsaal am Falkenberg ein. In diesem Jahr können sich die Eltern auf die Aufführung von „Der Glöckner von Notre Dame“ am 11. und 12. November freuen. „Danach sind wir dann alle platt“, sagt Jussoff Khadjeh-Nouri schmunzelnd.

Die ganze Familie brennt für den Tanzsport. Vier ihrer fünf Kinder tanzen gerne. Nur der jüngste Spross Jethro muss erst noch richtig laufen lernen. „Wir haben es auch mit Reiten und Fußball versucht. Aber am Wochenende fehlt uns die Zeit, den Stall sauber zu machen oder zu den auswärtigen Fußballturnieren zu fahren.“

Es blieb der Tanzsport, den aber alle lieben. Die ganze Familie. Sogar seine Schwester Iran und Bruder Asis, dem er den Zugang zum Tanzen verdankt. „Tanzen ist gesund für Seele und Körper und ist sehr kommunikativ“, weil man sich beim Tanzen – egal ob als Paar oder in der Gruppe – immer aufeinander abstimmen müsse. Außerdem lerne man schnell seine Grenzen kennen. Immer sei ein anderer besser oder könne diese oder jene Tanzbewegung flüssiger vortragen. Da helfe kein Doping – nur neidloses Anerkennen. Darum fieberten Tanzpaare und Gruppen auch meistens mit ihren Konkurrenten mit und feuerten sie an. Das zeigte sich jüngst wieder eindrucksvoll bei den Deutschen Hip-Hop-Meisterschaften an den lauten Sprechchören in der Moorbekhalle.

Von Beruf ist Khadjeh-Nouri Informatiker. Auch wenn es auf den ersten Blick seltsam klinge, komme ihm sein analytischer Geist beim Tanzen zugute. „Tanzen hat auch sehr viel mit Struktur zu tun. Letzten Endes dominiert immer das Strukturelle“, erklärt er. Zahlreiche erfolgreiche Tanzsportler hätten Mathematik oder Physik studiert.

Hip-Hop ist für Jugendliche der Einstieg zu Standardtänzen

Die Tanzschule am Markt übernahm Khadjeh-Nouri 1995 von Ingrid und Werner Führer sowie Madeleine und Peter Beinhauer, die sie dort im Untergeschoss des Hochhauses 1986 eröffnet hatten. Auf den Namen „Die 3“ sei seine Schwester Iran gekommen.

„Khadjeh-Nouri sollte sie auf keinen Fall heißen“, erklärt der Norderstedter. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington habe er sogar das Landeskriminalamt zu Besuch gehabt, weil ihn ein Tanzschüler als möglichen Schläfer angezeigt hatte. „Was für ein Quatsch. Warum sollte ich dann 20 Jahre lang die Rechtsdrehung üben“, sagt Khadjeh-Nouri. „Hinterher haben wir alle gelacht.“ Der Erfolg gibt ihm recht. Heute unterrichtet er mit acht Tanzlehrern 1600 Hobbytänzer von Walzer, Salsa, Tango über Ballett bis hin zu Disco Dance. In Mölln gibt es eine Filiale, die in Segeberg hat er wieder zugemacht. „In der Kreisstadt tanzen sie lieber Folklore.“

Aber die Norderstedter lieben das Tanzen. Bis zu 4000 Menschen tanzen nach Khadjeh-Nouris Schätzung in Vereinen, Ballettstudios und der Volkshochschule. Die Tanzsportabteilung des TuS Alstertal hat er 1979 mitbegründet. Und als TSC Astoria Norderstedt lädt er jedes Jahr zu den Tanzsporttagen ein.

Dank Khadjeh-Nouri wird Norderstedt Tanzsport-Hochburg bleiben. Die Moorbekhalle habe er für die nächsten zehn Jahre gemietet, sagt Khadjeh-Nouri. Und jenen Müttern und Vätern, die sich bei der Anmeldung zum Hip-Hop-Tanz ihrer Kinder wünschten, ihr Nachwuchs möge auch mal Standardtänze erlernen, versichert Khadjeh-Nouri: „Ich benutze den Hip-Hop-Tanz als trojanisches Pferd, um die Jugendlichen anzulocken.“ Den Eltern sage er dann immer: „In zwei Jahren können die auch Slow-Fox.“