Im Hamburger Modell arbeiten alle Beteiligten zusammen

Wer dauerhaft zu stark körperlich und psychisch belastet ist, kann krank werden. Chronischer Stress kann sich zum Beispiel in Magen-Darm-Beschwerden, Bluthochdruck, Schlafstörungen und Rückenschmerzen manifestieren. Erschöpfungszustände können sich aber auch im schlimmsten Fall als Burn-out äußern.

Noch nie gab es so viele Ausfalltage im Job wegen psychischer Erkrankungen: Mit rund 246 Fehltagen je 100 Versicherten waren Seelenleiden 2016 auf dem Höchststand. Die Zahl der Fehltage hat sich in den letzten 20 Jahren damit mehr als verdreifacht (1997: 77 Tage). Vor allem Frauen waren betroffen. Wegen keiner anderen Erkrankung fehlten sie im vergangenen Jahr so lange am Arbeitsplatz. Das zeigt die aktuelle Analyse der DAK-Gesundheit zum Krankenstand 2016.

Die meisten Fehltage wegen Depressionen

Die meisten Fehltage entfielen auf Depressionen mit 114,4 je 100 Versicherten, gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen mit 45,5 Tagen. Burn-out stagnierte bei 4,3 Tagen.

Arbeitnehmer, die längere Zeit wegen einer psychischen oder einer anderen Erkrankung krankgeschrieben waren, brauchen im Anschluss an ihre Rehabilitations- oder Krankenhausbehandlung bei der Rückkehr ins Arbeitsleben Unterstützung. „Dabei fällt es insbesondere Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder auch chronischen Beschwerden schwer, mit ihrem Arbeitgeber darüber zu sprechen“, so die Erfahrung eines Hamburger Personalleiters.

Der Arbeitgeber ist in der Regel dazu verpflichtet, den Betroffenen ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten, sofern diese mehr als sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig waren. Betroffene müssen allerdings nur daran teilnehmen, wenn sie dies wollen und sie müssen nur das offenbaren, was sie für notwendig halten. Denn das Verfahren zum BEM entfaltet eine besondere Schutzwirkung: Arbeitgeber sollen aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht um den Bestand ihres Beschäftigungsverhältnisses fürchten müssen.

Ein Stufenmodell regelt die Rückkehr der Arbeitnehmer

Eine stufenweise Wiedereingliederung, die auch „Hamburger Modell“ genannt wird, dient dazu, den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer schrittweise an die volle Arbeitsbelastung am bisherigen Arbeitsplatz heranzuführen, die Angst vor Überforderung und einem Krankheitsrückfall abzubauen und den Genesungs- und Rehabilitationsprozess positiv zu beeinflussen.

Die Wiedereingliederung erfordert die Zusammenarbeit von Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Arzt und Krankenkasse – oder eines anderen Sozialleistungsträgers. Der Betriebsrat ist berechtigt, den Arbeitnehmer bei einer Wiedereingliederung zu unterstützen.

Basis der Wiedereingliederung ist eine ärztliche Bescheinigung, in der festgelegt wird, wie lange wie viele Stunden am Tag zu arbeiten sind und wie lange die Eingliederung dauern soll. Der Stufenplan tritt während der Wiedereingliederung an die Stelle des Arbeitsvertrags und regelt die Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine erfolgreiche stufenweise Wiedereingliederung endet, wenn der Beschäftigte wieder voll belastbar ist und der Arzt dies bestätigt hat.

Während der Wiedereingliederung erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von seiner Krankenkasse oder eine andere Sozialleistung, zum Beispiel Übergangsgeld vom Rentenversicherungsträger. Der Arbeitgeber kann aber auch das Arbeitsentgelt als freiwillige Leistung erbringen. Dieses wird dann auf die Höhe des Kranken- oder Übergangsgeldes angerechnet.