Die Stiftung „Leben mit Krebs“ bietet Betroffenen auf der Außenalster ein kostenfreies Rudertraining, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern

Rudern gegen Krebs – diese Benefizregatta auf der Hamburger Außenalster ist längst legendär. Bislang trainierten die Krebsbetroffenen drei Monate für die Regatta. Dieses Jahr können sie auf Initiative der Stiftung „Leben mit Krebs“ (www.stiftung-leben-mit-krebs.de) diesen Wassersport sogar das ganze Jahr kostenfrei ausüben.

In der warmen Jahreszeit findet das Rudertraining ein- bis zweimal die Woche am Bootssteg der Ruder-Gesellschaft Hansa statt. „Wenn es draußen zu kalt ist, trainieren die Teilnehmer an den Geräten in den Räumen der Ruder-Gesellschaft“, sagt Jannike Salchow. Die Diplom-Sportwissenschaftlerin ist für die Sporttherapie am Universitären Krebszentrum UCCH verantwortlich. Vom Elan der Teilnehmenden ist sie begeistert. „Die Patientinnen und Patienten arbeiten konsequent daran, richtig schnell zu werden, um auf der Benefizregatta zu siegen oder mindestens auf guten Plätzen zu landen.“

Es sei aber nicht nur die Bewegung an der frischen Luft und auf dem Wasser. „Auch die sozialen Kontakte durch den Sport sind sehr wichtig, um diese Krankheit zu meistern. Sich gemeinsam anzustrengen und etwas zu erreichen, bringt Freude und macht Spaß“, sagt Dr. Alexander Stein, stellvertretender Direktor des UCCH. „Früher hieß es, Patienten sollten sich schonen. Heute raten wir dazu, so früh wie möglich mit dem Training zu beginnen, möglichst schon während der Therapie.

Ein regelmäßiges, angeleitetes Training während einer Strahlen-, Chemo-, Hormon- oder Immuntherapie kann die Nebenwirkungen wie starke Erschöpfung und Empfindungsstörungen mindern und die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern.“ Da jedoch der Krankheits- und Therapieverlauf von Patient zu Patient unterschiedlich ist, gibt es keine allgemein gültige Empfehlungen.

Kein Sport bei frischen Narben, Fieber und Schmerzen

Vielmehr solle die Sporttherapie in Absprache mit dem behandelnden Arzt maßgeschneidert werden. „Wir fragen nach der Grunderkrankung, nach aktuellen Bewegungseinschränkungen, ob es früher sportliche Aktivitäten gab und welche Sportart überhaupt in Frage kommt“, sagt Jannike Salchow. Dabei gäbe es keinen ‚verbotenen’ Sport. Vielmehr sollten möglichst Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit trainiert werden.

Auf keinen Fall darf Sport getrieben werden, wenn die Narben frisch sind, eine Infektion oder Gerinnungsstörung vorliegt, der Patient Schmerzen oder Fieber hat oder an speziellen Tumorerkrankungen leidet. Dann kann Sport mehr schaden als helfen. „Sonst bemühen wir uns, unsere Patienten stark zu einer regelmäßigen sportlichen Aktivität zu motivieren. Denn die Studien lassen keinen Zweifel daran, dass nahezu alle Krebsbetroffenen von der Sporttherapie auf vielfältigste Art und Weise profitieren“, betont Jannike Salchow.

Die Teilnehmer werden dabei nicht nur fitter und bewältigen die Nebenwirkungen von Therapien besser. „Der Sport fördert auch ihre Selbstständigkeit, ermutigt, wieder unter Menschen zu gehen, lässt das Selbstvertrauen wachsen, hält das Gehirn fit, baut Stress und Angst ab“, erläutert Stein.

Sport in der Krebsnachsorge ist auf Rezept möglich. Jeder Krebsbetroffene hat die Möglichkeit, sich neben Krankengymnastik 50 Einheiten Rehabilitationssport verschreiben zu lassen. Ärzte können Sport verordnen, ohne dass diese Verordnung ihr Praxisbudget belastet. Das Mitmachen in einer Reha-Sportgruppe, die von einem Landessportbund oder vom Behindertensportverband (DBS) zertifiziert ist, unterstützten die Krankenkassen für 18 Monate. Darauf weist die Deutsche Krebshilfe in ihrer Broschüre „Bewegung und Sport bei Krebs“ hin. Allein der DBS hat bundesweit 1700 Krebssportgruppen.

Bewegung hilft nicht nur, die Krebserkrankung besser zu meistern. Sie hilft auch, das Risiko zu senken, an ihr zu erkranken. Körperlich aktive Menschen erkranken, das zeigt die Statistik, seltener an Tumoren des Dickdarms, der Brust und der Gebärmutter. Vermutlich senke Sport auch das Risiko für Prostata-, Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es bedürfe unbedingt weiterer Forschung, so die Deutsche Krebshilfe, um die Wirkung des Sporttreibens auf diese und weitere Tumorarten überhaupt zu untersuchen. Unabhängig davon: Es lohnt sich immer, aktiv zu sein. Wer sich viel bewegt, erkrankt seltener an Diabetes, Schlaganfall, Knochen- und Muskelabbau, Depressionen und vor allem an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.