Berlin.

Ein Gebiss mit schwarzen Stummelzähnen ist noch eins der harmloseren Bilder, die auf Zigarettenschachteln und Tabakverpackungen in Deutschland und anderen EU-Staaten prangen. Seit einem Jahr, seit dem 20. Mai 2016, gilt in Deutschland die EU-Richtlinie zu Tabakerzeugnissen, die neben schriftlichen Warnhinweisen auch Schockbilder auf den Verpackungen vorschreibt.

Eine geöffnete Lunge mit schwarzem Karzinom, ein Krebsgeschwür am Hals, kranke Kinder, todgeweihte Menschen, Leichen. Sie sollen Raucher von ihrer Sucht abbringen oder Menschen davon abhalten, mit dem Rauchen zu beginnen. Eine Bilanz:

Wie viele Schockbilder gibt es?

Insgesamt hat die EU-Kommission 42 Fotos ausgewählt. Diese sind in drei Gruppen mit je 14 Einzelbildern aufgeteilt, wie in einer Delegiertenrichtlinie der EU-Kommission zu lesen ist. Jedes Bild passt zu einer der 14 schriftlichen Warnungen, die auf Verpackungen gedruckt werden müssen. Die Kombination aus Foto und Text muss 65 Prozent der Vorder- und Rückseite einnehmen.

Warum gibt es diese drei verschiedenen Foto-Gruppen?

Im ersten Jahr wurden lediglich die 14 Fotos aus der ersten Gruppe verwendet. Im zweiten werden die Schockbilder aus der zweiten Gruppe auf den Zigarettenschachteln zu sehen sein, ab Mai 2018 dann die Fotos aus der dritten Gruppe.

Im Jahresrhythmus sollen künftig die Bilder ausgetauscht werden. So soll ein „Abnutzungseffekt“ verhindert werden, heißt es bei der EU-Kommission. Die Tabakindustrie muss alle Fotos in gleicher Häufigkeit verwenden und darf sich nicht die vermeintlich harmloseren Bilder aussuchen.

Wie wirksam sind die Schockbilder?

Die Tabakindustrie zeigt sich gelassen. Branchenvertreter halten die Schockbilder für unwirksam.

Dabei sind die Absatzzahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum direkt nach der Einführung der EU-Richtlinie stark gesunken, wie Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Dies hänge allerdings nur mittelbar mit der Einführung der EU-Tabakrichtlinie zusammen, sagen die Statistiker. Denn in den ersten Monaten 2016 hatte es eine Vorratsproduktion von Tabakwaren und damit einhergehend einen erhöhten Absatz gegeben. Der Absatzrückgang sei lediglich ein Umkehreffekt.

Nichtraucherverbände wie der Verein Pro Rauchfrei hingegen sagen, dass die Schockbilder die Menschen sehr wohl emotional erreichten. Ein Hinweis darauf sei etwa, dass der Absatz von Zigarettenetuis und verdeckenden Hüllen gestiegen sei. Zwar würden die Schockbilder Raucher nicht unbedingt von ihrer Sucht abbringen, auf Kinder, Jugendliche und junge Menschen, die noch nicht angefangen hätten zu rauchen, hätten die Bilder aber durchaus abschreckende Wirkung.

Wissenschaftler der University of Carolina haben zudem herausgefunden, dass mehr Tabakkonsumenten versuchen, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn auf den Schachteln nicht nur Warnhinweise, sondern auch Schockfotos abgebildet sind. An der vierwöchigen Studie hatten 2149 Raucher aus den US-Bundesstaaten Kalifornien und North Carolina teilgenommen.

Generell hat in Deutschland die Nachfrage nach klassischen Zigaretten nachgelassen: Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) wurden im vergangenen Jahr rund 75 Milliarden Fertigzigaretten geraucht, 7,7 Prozent weniger als im Jahr zuvor.