400 Stunden Privatfilme werden jetzt ins Internet gestellt. Einblicke in eine „intime Sozialgeschichte“

Ganz ohne ZDF-History und Guido Knopp ist dem Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) ein großer Erfolg mit schmalen Filmen gelungen. Die Experten haben es geschafft, private Filmaufnahmen aus DDR-Zeiten aufzutreiben.

Also nicht das offizielle Blabla mit „Oberindianer“ Honni, Sudel-Ede vom „Schwarzen Kanal“ oder vom Fall der Mauer, bei dem sehr viele DDR-Bürger aus Vorfreude auf die West-Bananen weinten. Nein, es geht dem Institut um Blicke auf eine „intime Sozialgeschichte der DDR jenseits der vertrauten Kennzeichen der DDR-Diktatur“. Die Schmalfilme auf Super 8 zeigen fröhliche Menschen am Badestrand, gänzlich ohne Parteiabzeichen, Hosen und ­blaue FDJ-Hemden. Sie dokumentieren heitere Familienfeste, Laubenpieper und Landratten beim Zechen auf Hollywoodschaukeln und den Konsum von Zigaretten der Marke „F6“.

400 Schmalfilmstunden werden jetzt auf der Plattform „Open-Memory-Box“ ins Internet gestellt. Endlich!, freut sich der Autor dieser Zeilen, der rund 254.000 Stunden DDR live und in Farbe erlebt hat. Viele Menschen haben heute keinen blauen Schimmer mehr davon, dass die Sommer dort knorke („geil“) waren. Jedenfalls besser als der fade Frühling 2017 in Hamburg. Alles verlagerte sich an sonnige Ostseestrände, die Super 8 beweist es. Blöd waren nur Rockröhre Nina Hagen, damals 19, und ihr Freund Micha. Sie hatten 1974 am Strand von Hiddensee den Farbfilm vergessen; Blicke auf die „intime Sozialgeschichte“ sind deshalb nicht möglich. Ihren Song „Du hast den Farbfilm vergessen“ gibt es zum Glück noch immer. Aber eigentlich ist auch der längst reif für das digitale Archiv.