Paris. Deutlicher Sieg in Stichwahl gegen Rechtsextremistin Marine Le Pen

Historische Entscheidung in Frankreich: Der frühere Wirtschafts­minister Emmanuel Macron ist gestern zum neuen Staatspräsidenten gewählt worden. In der Stichwahl schlug Macron seine Konkurrentin, die Rechtsextremistin Marine Le Pen, nach Hochrechnungen deutlich mit 65,7 zu 34,3 Prozent. Der 39-Jährige ist das jüngste französische Staatsoberhaupt seit Napoleon. Macron zieht als Nachfolger des scheidenden sozialistischen Präsidenten François Hollande in den Élysée-Palast ein. In vielen Ländern Europas, auch in Deutschland, wurde sein Sieg mit großer Erleichterung aufgenommen.

„Eine neue Seite unserer langen Geschichte wird heute Abend aufgeschlagen“, rief Macron in Paris jubelnden Anhängern zu. Er werde seine ganze Kraft dazu verwenden, sich des Vertrauens der Franzosen würdig zu erweisen.

Der frühere Investmentbanker hatte seinen Wahlkampf ohne Rückendeckung einer Partei, nur gestützt auf seine sozialliberale Bewegung „En Marche“ (In Bewegung), bestritten. Er beschwor die Werte eines geeinten Europa und trat dafür ein, mit Deutschland als Partner die EU zu stärken. Nach seinem Erfolg im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten viele unterlegene Kandidaten anderer Parteien ihre Anhänger aufgerufen, Macron zu wählen, um einen Sieg von Marine Le Pen zu verhindern.

Die Chefin des rechtsextremen Front National sagte am Abend, sie habe Macron angerufen und ihm gratuliert. Das Land sei gespalten zwischen Patrioten und Globalisierern. Ihr eigenes Abschneiden sei historisch, ihre Partei sei nun die wichtigste Oppositionskraft in Frankreich. Le Pen hatte im Wahlkampf immer wieder vor einer angeblichen islamischen Überfremdung gewarnt und angekündigt, sie werde im Falle ihrer Wahl die Grenzen Frankreichs schließen. Außerdem hatte sie eine Volksabstimmung über den Austritt aus der EU angekündigt. Gestern sagte sie, sie werde ihreb Partei erneuern.

Nach Bekanntwerden von Macrons Sieg gratulierten viele europäische Regierungen dem künftigen Präsidenten. Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, schrieb an Macron: „Ihr Sieg ist ein Sieg für ein starkes geeintes Europa und für die deutsch-französische Freundschaft.“ Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) twitterte: „Liberté, Égalité, Fraternité! Das hat Frankreich heute gewählt.“

Am späten Freitagabend war ein massiver Hackerangriff auf Macron bekannt geworden. Im Internet tauchten große Datenmengen von Unterlagen aus seinem Wahlkampf auf, die ihm offenkundig schaden sollten. Macron-Mitarbeiter teilten mit, es handele sich um eine Mischung authentischer und gefälschter Dokumente. Experten sahen die Quelle der Attacken in Russland.

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