Die re:publica in Berlin hat sich vom Blogger-Treff zur digitalen Gesellschaftskonferenz entwickelt

Das Internet bringt mit seinen schier unendlichen Möglichkeiten viele Menschen zusammen – meist allerdings vereinzelt vor dem jeweiligen heimischen Rechner. Es wäre doch sinnvoll, sich mal in der realen Welt zu treffen, dachte sich der Netzaktivst Johnny Haeusler, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Tanja in Berlin den erfolgreichen Blog „Spreeblick“ betreibt.

Zusammen mit den Bloggern ­Andreas Gebhard und Markus Beckedahl initiierten die Haeuslers 2006 in Berlin die erste Internetkonferenz unter dem Namen „re:publica“. Geplant war sie für 300 Teilnehmer, es kamen 700. „Das Interesse an einem Austausch face to face ist groß“, sagt Johnny Haeusler. „Ich betrachte es inzwischen als eine Art Gesellschaftskonferenz. Der Einfluss digitaler Medien auf unser Leben ist massiv angestiegen. Schon eine Billigtechnologie kann für Hackerangriffe genutzt werden“, so Haeusler. Haeusler ist ebenfalls Initiator der Digitalcharta, und auch er verhehlt nicht, dass man sich die schöne neue Netzwelt vor zehn Jahren noch ein wenig blumiger vorstellt hat. „Ich dachte, mehr Austausch führt zu mehr Empathie. Man versteht sich besser. Aber in Teilbereichen ist genau das Gegenteil der Fall.“

Die Allgegenwärtigkeit politischer und daraus resultierend auch persönlich verunglimpfender Hasskommentare im Netz hat zu dem Motto der diesjährigen re:publica geführt, die um mehr Verständnis im Netz wirbt: „Love out Loud“ lautet es in einer Abwandlung der Redewendung „Laughing out Loud“ (LOL). Die Liste der Redner reicht von illustren Gästen wie dem Kreml-Kritiker und Schach-Weltmeister Garri Kasparow, der inzwischen ein Botschafter für weltweite Datensicherheit ist, bis zu ZDF-„heute-journal“-Moderator Claus Kleber.

Auf der re:publica wird auch die Digitalcharta weiter diskutiert

Unter dem Dach der re:publica wird auch die Digitalcharta der „Zeit“-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius auf einer #DigitalCharta Con in einem Fünfstundenprogramm verhandelt werden. Auf insgesamt drei Panels sollen Autoren, aber auch Kritiker der Charta miteinander ins Gespräch kommen und den Gesetzestext in einem Textentwurf 2.0 weiterentwickeln und verbessern. Kritiker der Digitalcharta sehen in dem Entwurf den Versuch zur Regulierung. Sie fürchten Zensur beziehungsweise Meinungseinschränkungen für den Einzelnen und wirtschaftliche Restriktionen für Unternehmen. Sie sehen das Netz als urfreien Raum, der keinen rechtlichen Rahmen benötige. Darüber wird auf der re:publica 2017 zu streiten sein, und es gilt, die Konsequenzen für die Digitalcharta zu diskutieren.

re:publica Berlin: „Love out Loud“ 8. bis 10.5., Station Berlin, Luckenwalder Str. 4–6, 10963 Berlin; www.re-publica.com: www.station-berlin.de#Digitalcharta:Con auf der re:publica Berlin 2017 Di 9.5., 10.30 bis 16.00. Der Besuch ist natürlich mit, aber auch ohne re:publica-Ticket kostenfrei möglich (das Kontingent ist limitiert), eine vorherige Anmeldung unter www.digitalcharta.eu/republica2017/ ist hierfür erforderlich.