Berlin.

Krankenhäusern und Arztpraxen in Deutschland droht ein wichtiges Narkosemittel auszugehen. Bereits seit einigen Monaten gibt es Probleme bei der Lieferung von Präparaten, die den Wirkstoff Remifentanil enthalten. Er wird vor allem bei ambulanten Operationen eingesetzt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt den Wirkstoff auf seiner Liste für Lieferengpässe. „Bis auf Weiteres nur eingeschränkt verfügbar“, heißt es dort. Am heutigen Donnerstag wolle man zum wiederholten Mal mit allen wichtigen Akteuren sprechen, um eine schnelle Lösung für die Patientenversorgung zu finden, teilte BfArM-Sprecher Maik Pommer mit.

Der Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) bestätigt den Engpass. „Uns ist das Problem seit sechs Wochen bekannt“, sagt Jörg Karst, der beim BDA die ambulanten Anästhesisten vertritt. Die Verbandsmitglieder seien informiert worden. Bislang seien keine Operationen ausgefallen, so Karst, und zumindest stationäre Termine seien auch künftig nicht in Gefahr. Das bestätigt das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Man sei nicht betroffen, heißt es dort. Genauso an der Berliner Charité. Der Wirkstoff sei ausreichend vorhanden, sagte eine Sprecherin.

Abläufe nach der Operation müssten geändert werden

Remifentanil wird unter dem Produktnamen Ultiva von der GlaxoSmithKline GmbH verkauft. Auch mehrere Generika sind auf dem Markt. Der Wirkstoff ist ein Schmerzmittel, das bei einer Narkose neben dem Schlafmittel verabreicht wird. Seine Besonderheit liegt in seiner kurzen Wirksamkeit. Es wird daher während eines Eingriffs kontinuierlich verabreicht. Ist die Operation vorbei, lässt auch die Wirkung unmittelbar nach, der sogenannte Opioid-Überhang bleibt aus. Aus diesem Grund kommt Remifentanil vor allem bei ambulanten Operationen und Eingriffen bei Kindern zum Einsatz. Der Patient soll ohne Risiko wieder nach Hause gehen können.

Welche Ursache hinter dem Lieferengpass steckt, ist nicht bekannt. Das BfArM nennt allgemein Verzögerungen in der Herstellung. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt in einem Bericht von einer möglichen Verunreinigung des Grundstoffs in der herstellenden Fabrik in Indien, in Ärztekreisen ist auch von Geld die Rede, das eine Rolle spiele. So hätten etwa die Kollegen in der Schweiz keine Probleme mit der Belieferung, weiß BDA-Präsident Götz Geldner. Dort würden höhere Preise bezahlt. „Wir wundern uns.“

Ein Risiko für Patienten bestehe nicht, sagt Jörg Karst. Für den Fall, dass die Remifentanil-Präparate ausgingen, gebe es Ersatz. Allerdings keinen qualitativ vergleichbaren – denn die Abläufe nach einer Operation müssten umgestellt werden. „Wir könnten nicht mehr gewährleisten, dass die Patienten nach einem ambulanten Eingriff so schnell entlassen werden wie normalerweise.“