Asunción.

Es klingt wie eine Story aus dem Wilden Westen. Tatsächlich aber ist es einer der größten Überfälle in der Geschichte Südamerikas. 50 Räuber erbeuteten bei dem mehrstündigen Angriff 30 Millionen Dollar. Die Bilanz: mindestens vier Tote, fünf Verletzte, ein gesprengter Großtresor, 19 explodierte Autos und eingesetzte Soldaten aus drei Ländern, die Beute und Räuber jagen. Ort der Handlung: Ciudad del Este in Paraguay, zweitgrößte Stadt des Landes und Zentrum von Handel, Schmuggel und allerlei (halb-)illegalen Geschäften im Dreiländereck an den Iguaçu-Wasserfällen zwischen Paraguay, Argentinien und Brasilien.

Nach Angaben von Polizei und Justiz überfielen die Angreifer um kurz nach Mitternacht in hochprofessioneller Manier die Geldtransportfirma Prosegur. Ziel war der Tresor, in dem sich 30 Millionen Dollar (rund 28 Millionen Euro) befanden. Die Angreifer benutzten für ihren „Jahrhundert-Raub“ Kriegswaffen: gepanzerte Fahrzeuge, Flugabwehrgeschütze, hochkonzen­trierten Sprengstoff und Nachtsichtgeräte. Zudem hatten sie an strategischen Stellen Scharfschützen postiert.

Drei Stunden dauerte der Raub, bei dem die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt wurde. Zunächst steckten die Gangster in der Nähe des Polizeihauptquartiers in Ciudad del Este Autos in Brand und zündeten zudem mehrere Sprengsätze, um die umliegenden Straßen zu ­blockieren und die Polizei abzulenken. Einige der Täter stürmten das Poli­zeipräsidium und ein regionales Re­gierungsgebäude mit Sturmgewehren, um die Einsatzkräfte dort außer ­Gefecht zu setzen. Den Weg in das ­Prosegur-Gebäude sprengten sie sich dann mit Raketen und Bomben frei. Der Firmensitz wurde dadurch nahezu komplett zerstört.

Im ­Anschluss an den Raub flohen die Täter erst in Fahrzeugen, dann in Schnellbooten über den Fluss Paraná nach Brasilien. Bei der Flucht zündeten sie an strategischen Stellen 19 Auto­bomben, damit die Polizei ihnen nicht folgen konnte. Zudem verstreuten sie Tausende Krähenfüße, spitze Me­tallzinken, hinter sich auf der Straße. Bei der Flucht der Täter kam es zu einer Schießerei mit der Polizei: Ein Beamter wurde getötet, fünf erlitten Verletzungen.

Trotz allem stießen Beamte eines brasilianischen Sonderkommandos einige Stunden später bei Itaipulandia, 50 Kilometer nördlich von Ciudad del Este, auf einige Mitglieder der Bande. Bei einem Schusswechsel wurden drei Verbrecher getötet und weitere vier festgenommen, wie die paraguayische Polizei mitteilte.

Das Militär jagt die Verbrecher

„So etwas ist in unserer Stadt noch nie passiert“, sagte die ermittelnde Staatsanwältin Denise Duarte über die kriegsähnliche Verwüstung. „Das ist, als wären wir in Syrien.“

Paraguays Präsident Horacio Cartes entsandte das Militär, um die Polizei zu unterstützen und der Diebe habhaft zu werden. Sein brasilianischer Kollege Michel Temer sagte den paraguayischen Sicherheitskräften alle Unterstützung zu. Auch die argentinische Armee und die Polizei wurden vorsichtshalber in Alarmbereitschaft versetzt.

Die paraguayische Justiz geht davon aus, dass auch Polizisten oder Mitarbeiter von Prosegur an dem Überfall beteiligt waren. Nur so hätten die Diebe wissen können, dass der Tresor der Sicherheitsfirma prall gefüllt war.

Medien spekulieren, dass hinter der Tat das Primer Comando Capital (PCC) steckt, eine der größten brasilianischen Banden, die vor allem in der Metropole São Paulo aktiv ist und im südamerikanischen Dreiländereck den Drogenhandel dominiert. Die Behörden wollten das zunächst nicht bestätigen.