Hamburg . Fast das ganze Geld gestohlen. Auf den Bus gewartet und die große Liebe gefunden. -

Besteht unser Leben vielleicht aus einer einzigen Verkettung von Zufällen? Manchmal reicht eine unvorhersehbare Kleinigkeit aus, um die ganze Geschichte neu zu schreiben.

Nach einem anstrengenden Arbeitstag entscheiden meine Freundin und ich uns dazu, das sonnige Wetter in Hamburg zu genießen. Und was gehört dazu? Natürlich eine Shopping-Tour. An der Kasse des ersten Ladens gibt es das erste Problem. Das Gerät erkennt die EC-Karte nicht. Mein letztes Bargeld geht dahin. Zufall Nummer eins. Im Einkaufszentrum gibt es weitere Läden. Beim Betreten des letzten Ladens erfahren wir, dass ein Portemonnaie gefunden wurde. Just in diesem Moment. Ich denke, das sieht ja aus wie meins. Aber das kann doch gar nicht sein. Oder?

Es ist meins, durchwühlt, aber fast vollständig. Was für ein Glück! Meine wichtigsten Karten und Papiere sind da und dadurch, dass ich zuvor mein Bargeld ausgegeben hatte, muss ich nichts davon vermissen. Der Dieb muss genau diesen Laden besucht und mein Portemonnaie dort zwischen die Regale geworfen haben. Zufall Nummer zwei. Ist es Zufall oder Schicksal, dass ausgerechnet heute meine Karte nicht funktioniert?

Glücklich und schockiert zugleich hält sich meine Stimmung nun in Grenzen. Eigentlich will ich nur noch nach Hause. Meine Freundin überredet mich jedoch zu einem Eis an der Alster in der Sonne. Wir lassen unsere Beine über dem Wasser baumeln, essen genüsslich unser Eis und lachen über die Ereignisse des Tages.

Zwischenzeitlich zieht sich die Sonne zurück, es wird kühler und wir beschließen, den Heimweg anzutreten. Ich bringe meine Freundin zur nächsten Bushaltestelle und warte mit ihr auf ihren Bus. Doch der will einfach nicht kommen. Uns wird immer kälter. Meine Freundin bietet mir an, ich könne nach Hause gehen. Ich lehne ab. Dies soll sich als eine gute Entscheidung und den großen Zufall Nummer drei meines Tages herausstellen: Kennt ihr das, wenn man unterwegs ist, sich der Blick mit dem eines Fremden kreuzt und man sich direkt in die Augen sieht? Meistens bleibt es nur bei einem Blick und man macht mit dem weiter, was man getan hat. So aber diesmal nicht. Der junge, gut aussehende Mann, der mit einem Freund gerade an uns vorbei geht, den sehe nicht ich nur einmal kurz an, sondern er auch mich. Wir gucken uns ein zweites Mal in die Augen, diesmal intensiver, was mich einschüchtert, weshalb ich wieder weggucke. Aber dennoch riskiere ich einen dritten Blick und diesmal fangen wir beide an zu lächeln. Er geht ...

Ich erzähle meiner Freundin, was da eben passiert ist. Bevor ich zu Ende reden kann, tippt mir jemand auf die Schulter. Es ist der gut aussehende Mann.

Wir kommen ins Gespräch, er sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch noch sehr sympathisch. Ich merke, es passt zwischen uns. Wir tauschen unsere Nummern aus. Er kommt aus Düsseldorf. Nun ja, mal schauen wohin uns das Schicksal führt ...

Ich denke, jedem von uns wird es ganz anders, wenn man mal über die „Was wäre, wenn ...,“-Momente im Leben nachdenkt.

Was wäre gewesen, wenn ich nach dem Shoppen einfach nach Hause gefahren wäre und mich von meiner Laune hätte leiten lassen? Klar, ich hätte mir wahrscheinlich entspannt ein Bad eingelassen und vielleicht einen Film angeschaut. Aber hätte ich mich an diesen Tag später erinnert? Diesen Tag, den ich stattdessen erlebt habe, werde ich im Gegensatz dazu sicher nie mehr vergessen.

Viele Menschen leben in der Überzeugung, es geschehe nur das, was geschehen soll, sie geben einen Teil der Verantwortung für ihr Handeln ab. Andere indes setzen auf den puren Zufall; sie wollen nicht wie Marionetten gesteuert werden, sondern für ihr Glück auch sorgen. Ich denke, manche unvorhersehbaren Momente passieren einfach, und das ist auch gut so. Denn im Grunde genommen ist jeder Mensch der Autor seiner eigenen Biografie.

Die Geschichte, die ich hier erzählt habe, zeigt mir, dass es wichtig sein kann, Dinge und Ereignisse im Leben erst einmal so hinzunehmen wie sie kommen – egal, ob es sich um Zufall oder Schicksal handelt – und dann daraus das möglichst Beste zu machen.