Hamburg. MinisterpräsidentAlbig fordert Volksvertreter auf, sich den Bürgern als „ganz normale Menschen“ zu zeigen

Wie lässt sich die Distanz, die viele Bürger zu ihren politischen Repräsentanten haben, verringern? Die Frage wird in Deutschland spätestens seit den Erfolgen populistischer Parteien diskutiert. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) schlägt jetzt vor, stärker zu zeigen, „dass wir ganz normale Menschen mit Stärken und Schwächen sind und nicht elitäre Politikmaschinen“.

Es gebe bei den Wählern ein großes Bedürfnis zu erfahren, „was das eigentlich für Menschen sind, die für sie Politik machen“, sagt der SPD-Politiker im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. „Sind sie ganz anders als wir, oder haben sie nicht dieselben Probleme? Wie lösen sie sie? Sind sie vielleicht doch nicht so anders?“ Albig hatte vorige Woche in der „Bunten“ offen über die Trennung von seiner Ehefrau und die geplante Hochzeit mit seiner Lebensgefährtin gesprochen. Er sagt: „Wir müssen auch die Menschen hinter den Politikern zeigen. Und das geht nicht, indem ich ausschließlich über Steuerrechtsveränderungen oder politische Machtspielchen rede.“

Politiker müssten deutlich machen, dass sie nicht Teil eines abgehobenen Systems, sondern „auch nur Bürger“ mit einer besonderen Funktion auf Zeit sind. Albig: „Wie sollen die Bürger Vertrauen zu Politikern entwickeln, von denen die Medien so tun, als ob sie nur auf diese Bürger herabsehen? Das tun die allermeisten Menschen, die Politik machen, nicht. Im Gegenteil.“

Fast zwei Wochen vor der Wahl in Schleswig-Holstein hat die von ihm geführte Regierung aus SPD, Grünen und SSW laut Umfragen gute Chancen. Dabei profitiert Albig weniger vom Schulz- als vom Scholz-Effekt. Hamburgs Bürgermeister macht im Umland Wahlkampf, als würde er selbst kandidieren, was Albig nicht stört: „Ich bin ja nicht naiv. Ich weiß, dass meine Freunde zum Beispiel in Reinbek sich nach Hamburg orientieren und ihnen deshalb Olaf Scholz näher ist als der Ministerpräsident in Kiel. Wenn es über Scholz gelingt, dass die SPD in Schleswig-Holstein noch stärker wird, ist das doch wunderbar.“ Und weiter: „Olaf Scholz macht das großartig. Ich bin immer wieder darüber erfreut, wie viel Spaß ihm das bereitet, für mich in den Wahlkampf zu ziehen.“ Gemeinsam mit ihm werde er auch versuchen, die Krise um die HSH Nordbank zu lösen: „Jetzt ist die Frage: Kriegen wir das langsam ausgesteuert oder explodiert uns das an einer Stelle?“

Seite 16 Das große Albig-Interview