Kinshasa, 1975. Seyolo Zantoko (Marc Zinga) hat gerade den Abschluss als Arzt geschafft, da kommt das verlockende Angebot, eine Praxis „nördlich von Paris“ zu übernehmen. Die Alternative, als Leibarzt des korrupten Präsidenten Mobutu zu arbeiten, kommt für den aufrichtigen Mediziner nicht infrage. Er träumt von einem Leben in Frankreich und hofft, die dortige Staatsbürgerschaft zu bekommen. Also packt er Frau und Kinder, und sie machen sich auf den Weg.

Doch der angepriesene Ort Marly-Gomont entpuppt sich als tristes Kaff in der Pampa, in dem es oft regnet und die Felder so eintönig sind wie die Häuser grau. Schon lange fehlt hier die ärztliche Versorgung, doch die misstrauischen Bewohner bleiben lieber krank, als sich von einem Afrikaner behandeln zu lassen. Die meisten haben einen Schwarzen überhaupt noch nie gesehen.

Seyolos Familie leidet ebenfalls unter einem Kulturschock, Ehefrau Anne (Aïssa Maïga) hat von Shoppingtouren in Paris geträumt, stattdessen behandelt sie der Gemüsehändler auf dem örtlichen Markt von oben herab. Die Kinder werden an der Schule gemobbt, Tochter Sivi vermisst ihr Fußballteam in Kinshasa. Doch Seyolo lässt sich so leicht nicht unterkriegen. Er beginnt, mit den Männern in der Kneipe Karten zu spielen und alten Frauen mit den Einkaufstaschen behilflich zu sein, um so ihr Vertrauen zu gewinnen. Nicht sehr erfolgreich.

Story beruht auf Biografie des ersten schwarzafrikanischen Landarztes

Die Aufsteigergeschichte, die Regisseur Julien Rambaldi da erzählt, beruht auf der Biografie eines realen Mannes, der in den 70er-Jahren der erste schwarzafrikanische Landarzt in Frankreich wurde, dessen Sohn hat das Drehbuch mitverfasst. So sehr der Film in diesem historischen Kontext verankert ist, inklusive des urban-afrikanischen Seventies-Look, spiegelt er doch deutlich die gesellschaftspolitische Situation im heutigen Frankreich und anderen Teilen Europas wider.

So nutzt bei den anstehenden Bürgermeisterwahlen der rechtspopulistische Gegenkandidat des sozialdemokratischen Amtsinhabers jede Möglichkeit, durch Intrigen und Fake News die Ressentiments gegen den schwarzen Arzt in der Bevölkerung zu schüren.

So wird der „Fremde“ als Sündenbock genutzt, um den politischen Gegner auszuschalten. Eine Kampagne, die auch schon Marine Le Pen und Donald Trump für sich zu nutzen wussten. Die flott inszenierte Komödie wird somit, angesichts der Präsidentschaftswahlen in Frankreich am 23. April und 7. Mai, zum Film der Stunde. Rambaldi verpackt ein ernstes gesellschaftliches Thema in einen Humor, der niemandem wehtut.

Vor allem nimmt der Film seine Protagonisten ernst, aus deren Perspektive er erzählt. Und liefert mit leichter Ironie gleich einen Weg in eine offenere Gesellschaft, in der alle von der Vielfalt und dem Andersseindürfen profitieren, weil es das Leben bereichert. Manchmal braucht es für diese Erkenntnis ein kleines Mädchen, das einfach gut Fußball spielt. Nur über den missglückten deutschen Titel hätte sich der Verleih Gedanken machen sollen.

„Ein Dorf sieht schwarz“ F 2017, 96 Min., o. A.,
R: Julien Rambaldi, D: Marc Zinga, Aïssa Maïga, Bayron Lebli, Jonathan Lambert, täglich im Holi, Koralle, UCI Mundsburg, Zeise;
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