Cleveland.

Ein kaltblütiger Mord auf offener Straße. Ein willkürlich ausgesuchtes Opfer. Ein offensichtlich psychisch gestörter Täter, der seinen Akt mit der Handykamera filmt und das Video kurz danach via Facebook in die Welt schickt: Das tragische Ende des 74-jährigen ehemaligen Stahlarbeiters Robert G. in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio hat in Amerika Entsetzen ausgelöst.

Die verwackelten 60 Sekunden, die das soziale Netzwerk inzwischen gelöscht hat, zeigen, wie Steve S., ein 37 Jahre alter Sozialarbeiter einer Jugend-Psychiatrie, auf den alten Mann zugeht, der mit einer Plastiktüte auf dem Bürgersteig steht, und ihn anspricht: „Kannst du ‚Joy L.‘ sagen?“ Robert G., irritiert, sagt den Namen der Frau, deren Rolle in dem Drama bisher noch nicht ausgeleuchtet ist. Steve S. gibt zurück: „Ja, sie ist der Grund dafür, dass dir das hier passiert.“ Er zieht eine Pistole. Godwin kann nur noch sagen: „Oh Mann, ich kenne niemanden, der so heißt!“ Dann fällt ein Schuss. Sekunden später liegt der Rentner in einer Blutlache am Boden – tot.

Steve S. dreht sich weg und sagt wie ein Sprecher zu seinem Publikum: „Dieser Scheißkerl ist tot wegen dir.“ Gemeint war offenbar Joy L. Die Szenen, nicht live gestreamt, wie ursprünglich angenommen wurde, sondern Stunden nach der Tat ins Internet hochgeladen, lassen „die Menschen in dieser Stadt sprachlos zurück“, sagte Polizeichef von Calvin Williams. Die Polizei leitete eine Großfahndung ein und setzte eine Belohnung in Höhe von 50.000 US-Dollar aus.

Anhand weiterer Videos, die der bärtige 120-Kilo-Mann mit dem Smartphone von sich gedreht hat, teilweise während der Fahrt, hat die Polizei das vorläufige Bild eines Psychopathen zusammengesetzt. Steve S. lamentiert, dass er durch seine Spielsucht „alles“ verloren habe. Er rühmt sich, noch 15 weitere Morde begangen zu haben – wofür die Polizei bisher keinen Beweis hat. Die ganze Welt sei gegen ihn, immer werde er für alles verantwortlich gemacht. Er werde weiter töten. Solange, bis seine Mutter und besagte Joy L. endlich mit ihm reden. Über die familiären Hintergründe von Steve S. haben die Behörden bislang keine gesicherten Erkenntnisse.

An seiner Arbeitsstelle, dem ­Beech-Brook-Center in Pepper Pike vor den Toren von Cleveland, fielen Kollegen aus allen Wolken. „Er war immer ruhig und freundlich.“ Die Angehörigen von Robert G., einem neunfachen Vater, stehen unter Schock. „Unser Großvater war wie so oft auf der Suche nach leeren Blechdosen, als er auf seinen Mörder traf. Was für ein sinnloser Tod.“

Unterdessen geriet erneut der Social-Media-Gigant Facebook ins Kreuzfeuer. Dort war das Hinrichtungsvideo offenbar über drei Stunden lang zu sehen, bevor es gelöscht wurde. Wie auch die komplette Seite des Täters. Ein Facebook-Sprecher betonte, dass Steve S. bei seiner Tat nicht die Live-Funktion genutzt hat.