Vorbei die Zeiten, als Fliegen noch eine stilvolle Angelegenheit war. Das gilt für Airlines, aber auch für Passagiere

Gehirn erschüttert, Nase gebrochen und zwei Zähne raus. Der 69-jährige Mann wird sein Dienstleistungserlebnis mit United Airlines so schnell nicht vergessen. Einen zahlenden Passagier aus dem Flugzeug prügeln lassen? Die spinnen, die Amis.

In ihrer Werbung erscheint uns jede Fluggesellschaft wie ein Freundeskreis in der Luft, der immer für uns da ist. Superlieb bringen die uns wattesanft nach Mallorca. Nur, weil die total Lust drauf haben. Im richtigen Leben lese ich schon beim Einsteigen mancher Flugbegleiterin einen ganz anderen Wunsch von den Augen ab. Auch sie will bestimmt, dass einer von uns Passagieren von einem Sicherheits-Gorilla mal richtig was auf die Nuss bekommt. Denn wir sind als Fluggäste nicht die netten, gut angezogenen Menschen, denen – wie im Lufthansa-Werbespot – von einer Schönheitskönigin ein im Weinkeller des Flugzeugs entkorkter Top-Bordeaux gereicht wird. Manche von uns benehmen sich, als hätten sie es durchaus verdient, über den Gang geschleift zu werden. Wie diese Mutter ein paar Plätze weiter. Deren Sohn sagte höflich „danke“, nachdem der Flugbegleiter ihm Orangensaft eingeschüttet hatte. „Bei dem musst du dich nicht bedanken, der wird dafür bezahlt“, sprach die gute Mutter.

Es gab Zeiten, in denen Fliegen eine stilvolle Angelegenheit war. Niemand musste darüber nachdenken, ob er sich vielleicht besser die Beine amputieren lassen sollte, um in die hinteren Sitzreihen zu passen. Es gab Köche an Bord. Cocktails, serviert von überdurchschnittlich gut bezahltem fliegenden Personal. Spätestens mit Ryanair und Easyjet war dann der Kulturbruch vollendet.

Es gibt kaum einen anmutigeren Beweis für den Einfallsreichtum des menschlichen Geistes als ein sanfte Kurven fliegender Riesen-Airbus A380. Aber es gibt leider keine Anmut, die vor der zerstörerischen Kraft des notorischen Sparers sicher ist.