Berlin.

Ein Kindergeburtstag ist am schönsten auf der Wiese, wenn die Kinder herumtollen können. Doch was ist, wenn das Kind im Winter Geburtstag hat? Und wenn Eltern die Organisation zu viel wird? Dann helfen Party-Agenturen wie jene in London weiter, die gleich die passende Indoor-Wiese im Angebot hat, voll mit echten Bäumen und Blumen, Schaukeln und Rutschen. In den USA gehen Eltern bisweilen noch weiter und feiern an Pools, in denen ein Baby-Alligator schwimmt. Schnitzeljagd oder Topfschlagen? Relikte einer anderen Zeit.

Kindergeburtstage sind zu einer Arena geworden, in der sich Eltern beweisen müssen – gegenüber Klassenkameraden der Kinder, anderen Eltern und sich selbst. Zunehmend größer und aufwendiger werden die Veranstaltungen inszeniert, sagt Bill Doherty, Sozialwissenschaftler an der Universität von St. Paul in Minnesota. Um den Sprösslingen unvergessliche Feiern zu ermöglichen, greifen viele Eltern tief in die Tasche und überlassen die Partyplanung den Profis. Auch in Deutschland wächst das Bedürfnis nach ausgefallenen Feiern.

Sie engagieren Leute wie Daniela Schreck. Mit ihrer Münchner Agentur Tollkids macht die Party-Expertin seit acht Jahren fast alle Wünsche ihrer Kunden und der Kinder möglich. „Die Eltern kommen zu uns, weil sie sich diese Partys nicht zutrauen“, sagt Schreck. Einladung, Dekoration, Snacks, Unterhaltung – Schreck und ihre Mitarbeiter finden heraus, was sich die Auftraggeber vorstellen und organisieren die Party von Anfang bis Ende. Zwischen 400 und 800 Euro kostet dieser Service bei Tollkids.

Derartige Agenturen finden sich mittlerweile in fast allen großen deutschen Städten. Dass es Bedarf gibt für ihren Service, zeigt ein Blick in Onlineforen für Erziehung: „Ich bin völlig überfordert“, schreibt eine Mutter, die zum ersten Mal eine Party für ihren Sohn organisiert. Andere berichten, schon „Monate vorher“ mit der Planung des Nachmittags zu beginnen, um einen „stinknormalen“ Geburtstag zu vermeiden.

Alles, nur nicht langweilig – das Streben der Eltern nach Einzigartigkeit kann durchaus absurde Ausmaße annehmen: „Ich hatte mal eine Anfrage, da wollte eine Mutter für eine Dschungel-Party Affen, Papageien und einen Tiger“, berichtet Schreck. „Da musste sogar ich passen.“ Aber eine Model-Party mit Laufsteg und professionellem Visagistin oder eine Feier im Luxus-Spa? Kein Problem. Aktuell versucht Schreck, einen „bekannten deutschen Rapper“ zu engagieren, der auf der Privatparty einer 15-Jährigen auftreten soll – das sei durchaus „eine Herausforderung“, gibt die Partymacherin offen zu.

Zu Schrecks Kundenstamm gehören auch Promis, wie sie selbst sagt, die Klientel sei zahlungskräftig. Doch der Trend, Geburtstagsfeiern den Profis zu überlassen, zieht sich nicht nur durch obere Schichten, so die Erfahrung der Berliner Partymanagerin Janine Rolle. Krankenschwestern und Verkäuferinnen buchen ihren Service ebenso wie Ärzte und Lehrer. „Die Bedürfnisse der Kinder sind gleich geblieben, die wollen Aufmerksamkeit und beschäftigt werden“, sagt sie. „Die Ansprüche der Eltern steigen.“ So berichtet Rolle von einer Feier für einen Dreijährigen, für die ein ganzes Schiff gemietet wurde, inklusive Clown und Buffet. 5000 Euro habe das Ganze gekostet, berichtet Rolle, nur: Das Geburtstagskind sei so müde gewesen von all dem Rummel, dass es den ganzen Tag auf dem Schoß der Oma verbracht habe.

Gast sagt ab – und die Eltern bekommen die Rechnung

Auch Gabriele Pohl, Psychotherapeutin und Autorin von Ratgebern, kann über derartige Auswüchse nur den Kopf schütteln. „Da ist völlig der Blick dafür verloren gegangen, was Kinder in welchem Alter brauchen“, sagt sie. „Wenn Kinder etwas zusammen erlebt haben, sind sie zufrieden“, sagt Pohl. Zu oft würden aus den Kindergeburtstagen „sehr kommerzielle Veranstaltungen mit Eventcharakter“.

Was passiert, wenn der Aufwand nicht gewürdigt wird, zeigt eine Geschichte aus Großbritannien, wo ein Fünfjähriger den Geburtstag seines Freundes in einem Ski-Resort trotz Zusage nicht besuchen konnte. Der eingeladene Junge kam wenige Tage später mit einem Umschlag aus dem Kindergarten – darin: Eine Rechnung, für die entstandenen Kosten.