Geschichten über Privatdetektive gibt es viele, die wenigsten stimmen. Keine hoheitlichen Befugnisse

Von Kalle Blomquist über Nick Knatterton, Matula, Magnum und Miss Marple bis hin zu Rockford oder Sherlock Holmes: Detektive faszinieren die Menschen. In Film und Fernsehen, in Romanen und Theaterstücken gibt es zigtausende Geschichten, die sich um die Abenteuer der Privatdetektive drehen. Mal liegen diese mit Schlapphut und Feldstecher auf der Lauer, mal dringen sie mit roher Gewalt und bewaffnet in eine Wohnung ein. „Gerade das Fernsehen mit seinen vielen Reality-Formaten vermittelt ein Bild unseres Berufsstands, das mit der Wirklichkeit oft wenig zu tun hat“, sagt Raoul Classen, der Präsident des Bundesverbands Deutscher Detektive (BDD): „Denn Detektive agieren nicht als Hasardeure, sondern als in aller Regel gut ausgebildete Ermittler, die ihr Handwerk verstehen. In eine fremde Wohnung dürfen wir zum Beispiel nicht einbrechen, eine Waffe tragen wir bis auf ganz wenige Ausnahmen auch nicht.“

1500 private Ermittler sind in Deutschland aktiv

Privatdetektive gibt es in Deutschland seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Die lange überwiegend auf dem privaten Sektor liegenden Tätigkeiten haben sich mittlerweile schwerpunktmäßig in den wirtschaftlichen Bereich verlagert. Dabei werden Detektive häufig im Vorfeld von staatlichen Ermittlungstätigkeiten tätig. Ihre Recherchen können aber auch parallel zu diesen erfolgen: Das Ergebnis der Dienstleistung kann grundsätzlich in Zivil- oder Strafprozesse einfließen. „Etwa 60 bis 80 Prozent aller Aufträge kommen aus der Wirtschaft. Hier kümmern wir uns, teilweise weltweit, zum Beispiel um das Thema Industriespionage, um Unterhaltsangelegenheiten, den Missbrauch von Krankschreibungen und andere Formen der Mitarbeiterkriminalität. Das können Betrügereien bei Abrechnungen oder der unerlaubte Griff in die Kasse sein“, erläutert Raoul Classen, der in Hamburg eine Detektei betreibt.

Im Gegensatz zu den staatlichen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden haben Privatdetektive keine besonderen Rechte oder hoheitlichen Befugnisse. Wohl aber dürfe ein Detektiv alles tun, was vom Gesetz nicht ausdrücklich untersagt sei, untermauert Classen: „Wir müssen uns also die betreffenden Informationen immer auf legalem Weg beschaffen und den gesetzlichen Rahmen einhalten. Ansonsten wären unsere Ermittlungsergebnisse, die wir in unseren Berichten bis ins letzte Detail genauestens festhalten, nicht gerichtsverwertbar.“

Ein Weg, um den legalen Rahmen nicht zu verlassen, ist das Konstruieren von Geschichten und Legenden. „Das ist teilweise sehr hohe Kunst“, sagt der BDD-Präsident. Beispiel: Ein Mitarbeiter eines Unternehmens wird verdächtigt, regelmäßig Handys und Büromaterialien zu entwenden. Der beauftragte Detektiv wird also versuchen, das private Wohnumfeld des Verdächtigen auszuspionieren. Und das tut er zum Beispiel, indem er den Hausherrn als Kameramann verkleidet aufsucht und ihn bittet, vom Balkon aus Filmaufnahmen für eine geplante Reportage machen zu dürfen. „Ich habe mich tatsächlich noch nie als Privatdetektiv vorgestellt, so wie Matula das immer tut“, lacht der Hamburger Ermittler.

Nach einer Gewerbeanmeldung kann jeder in Deutschland die Bezeichnung „Detektiv“ führen und die damit verbundenen Arbeiten ausführen, unabhängig von der beruflichen Bildung, Erfahrung und persönlichen Eignung. In Deutschland gibt es heute zwischen 1400 und 1500 private Ermittler. Der Großteil davon war vorher bei der Polizei oder beim Militär im Einsatz. Jeder dürfe einen Detektiv beauftragen, sofern er ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen könne, betont Classen. Eine Frau, die zum Beispiel gern wissen möchte, womit sich der ihr sympathische Nachbar am liebsten die Zeit vertreibt, hat somit ebenso wenig ein berechtigtes Interesse wie der Kunde eines Discounters, der gern mehr über die nette Kassiererin erfahren möchte. Besteht jedoch der Verdacht, dass der sympathische Nachbar regelmäßig Autos in Brand setzt, ist der Detektiv ein möglicher Ansprechpartner. Teilweise arbeiten die Ermittler auch mit der Polizei zusammen, ihre Honorare bewegen sich laut BDD zwischen 50 und 110 Euro pro Stunde.

Doch wie findet man eine kompetente und seriöse Detektei? Ob ein Dienstleister dies alles erfüllt, zeigt sich am besten bei einem Besuch und einem persönlichen Gespräch. Dabei macht es Sinn, nach der Mitgliedschaft in einem Berufsverband zu fragen. Das kann neben dem BDD (www.bdd.de) auch der Bund Internationaler Detektive (BID/www.bid-detektive.de) sein. Männer sind in den Verbänden klar in der Mehrheit: Schätzungen zufolge ist nicht einmal jeder zehnte Detektiv weiblich. Was Miss Marple wohl dazu sagen würde?

Einen besonders spannenden Fall hat Raoul Classen gerade abgeschlossen. Im Auftrag einer Kundin hat er deren seit mehr als 20 Jahren vermissten Sohn im Obdachlosen-Milieu ausfindig gemacht und die zwei wieder zusammengeführt. Das ist die eine gute Nachricht. Die andere: Der Sohn hat eine große Erbschaft gemacht und ist jetzt steinreich. Die Bilanz des Privatdetektivs: „Ermittlungsarbeit kann somit das Leben eines Menschen auch zum Guten verändern!“