Hamburg. So viele Delikte wie noch nie. Dabei muss man selbst bei kleinen Schäden die Polizei rufen

Oft ist es nur ein Kratzer an der Tür oder eine Beule an der Stoßstange, manchmal aber auch ein Crash mit Verletzten: Immer häufiger flüchten in Hamburg Autofahrer vom Unfallort. Verzeichnete die Polizei im Jahr 2015 noch 17.919 Unfallfluchten, waren es 2016 bereits 18.507 – ein Plus von rund 600 Fällen, so viele wie nie zuvor. Statistisch kommt es so zu mehr als 50 Fällen täglich in Hamburg. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 68.432 Unfälle erfasst. In etwa jedem vierten Fall haben die Verursacher somit das Weite gesucht.

„Bei derartig vielen Taten kann sicherlich von einem Massendelikt gesprochen werden“, sagt Polizeisprecherin Heike Uhde. Ähnlich hatte sich zuvor auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) geäußert. Auch hier stieg die Zahl der Unfallfluchten 2016 auf ein Rekordhoch von 48.341 Fällen – 800 mehr als 2015.

Zu den meisten Unfallfluchten kommt es nach Blechschäden. Der Klassiker sind Kollisionen beim Parken. Rund 40 Prozent dieser Taten klärt die Hamburger Polizei auf. 2016 flüchteten aber auch 902 Fahrer nach Unfällen mit Verletzten. Von diesen Fällen wird etwa jeder zweite aufgeklärt. Bei den Ermittlungen helfen den Beamten etwa Lack- oder Glassplitter.

Selbst bei kleineren Schäden sind Verursacher verpflichtet, an der Unfallstelle auf den Geschädigten zu warten oder die Polizei zu rufen, sagt Polizeisprecherin Uhde. Nach Ablauf einer „angemessenen Wartezeit“ – in der Regel 20 bis 60 Minuten – dürfe man zwar wegfahren, müsse den Unfall aber „unverzüglich“ der Polizei melden. „Das Hinterlassen eines Zettels erfüllt die Pflichten eines Unfallbeteiligten auf keinen Fall“, so Uhde. Wird der Verursacher nicht ermittelt, bleiben die Geschädigten häufig auf den Reparaturkosten sitzen. „Die Schäden werden meist nur von der Vollkasko-Versicherung übernommen“, sagt Holger Brendel vom Kfz-Versicherer HUK-Coburg.

Pro Jahr stehen rund 1300 Autofahrer wegen „unerlaubten Entfernens vom Unfallort“ in Hamburg vor Gericht. Ihnen droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Angesichts der steigenden Zahlen fordert der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karl-Heinz Warnholz: „Fluchtfahrer müssen härter bestraft werden. Insbesondere sollten die Gerichte von der Möglichkeit Gebrauch machen, Fahrverbote auszusprechen.“

Seite 15 Jeder Zweite wird erwischt