Scheideanstalten für Edelmetall kaufen Dinge wie Schmuck, Besteck und Kerzenständer auf, die in vielen Haushalten lagern

Für Reinhard Bochem gehört das Auf und Ab des Goldpreises zum Alltag. „Wir haben immer unsere Kunden und sind auch nicht vom Ankauf von Altgold abhängig“, sagt der Geschäftsführer von Schiefer & Co, der einzigen Edelmetall-Scheideanstalt in Hamburg. Gold wird immer zu Geld gemacht. „Wer eine Erbschaft auflösen muss, kann nicht warten, bis die Preise hoch sind“, sagt der Experte. Andere bessern ihren Lebensunterhalt auf, indem sie hin und wieder etwas von ihrem Schmuck verkaufen.

In diesem Jahr läuft es bisher gut für das Edelmetall. „In den vergangenen zwei Monaten machte der Goldpreis die Verluste seit der Wahl von US-Präsident Donald Trump wieder wett“, sagt Thorsten Proettel, Edelmetallexperte der Landesbank Baden-Württemberg. Bis zu den Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich dürfte der Trend anhalten. Auch in China zieht der Goldkauf wegen der verbesserten Konjunktur wieder an. Doch mit einem Kurs von 1245 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) Gold ist das Edelmetall noch weit entfernt von den einstigen Spitzenpreisen von rund 1900 Dollar.

Doch Bochem kann mit jeder Lage gut leben. Die Zeiten sind vorbei, als es am Kiosk auch noch einen Altgoldankauf gab. „Die Profiteure der Preisentwicklung sind wieder weg“, sagt Bochem. Zwar hat sich auch die Menge des angekauften Goldes etwas verringert, aber gleichzeitig ist die Zahl der Aufkäufer zurückgegangen. Doch Saison für Altgold ist immer. „In Deutschlands Schränken schlummern Milliarden an Goldschmuck“, sagt Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ). Nicht jeder alte Schmuck trifft den heutigen Geschmack. Dies ist für viele ein Verkaufsargument. „Wir sind im Ankauf von Altgold gut ausgelastet“, sagt Michael Löhmann, Niederlassungsleiter von Degussa in Hamburg.

Auch in Norderstedt läuft es gut. Die Norddeutsche Edelmetall Scheideanstalt Norderstedt hat ihr Geschäft mit Privatkunden ausgebaut. „Wir bieten alles aus einer Hand“, sagt Geschäftsführerin Miriam Torbeck. Von der Beratung über die Schmelze und der Analyse durch einen Edelmetallprüfer bis zur Auszahlung des Geldes muss bei kleineren Mengen nicht mehr lange gerechnet werden, erst recht nicht, wenn man einen Termin gebucht hat. „Wir spüren ein gestiegenes Interesse der Kunden am Altgoldverkauf“, sagt Miriam Torbeck. Neben Schmuck bringen die Kunden auch Zahngold, Kerzenständer, Becher, Schalen aus Silber oder Platinschmuck. „Wir können alle Edelmetalle verarbeiten und trennen“, so Torbeck.

Der aktuelle Goldkurs bestimmt den Ankaufspreis

Der Preis für den Ankauf richtet sich nach dem aktuellen Goldkurs. Wenn eine Feinunze bei rund 1245 Dollar notiert, so muss dann erst der Wert in Euro ermittelt werden. Abhängig vom Währungskurs sind das 1178 Euro für die Feinunze mit 31,10 Gramm. Auf der Webseite www.finanzen.net kann der aktuelle Goldpreis nachgeschlagen und mit einem Klick sofort in Euro umgerechnet werden. Ein Gramm Feingold kostet derzeit knapp 38 Euro. Da aber Goldschmuck nicht aus reinem Gold besteht, ergeben sich weitere Abschläge. 585er-Gold bringt nach dieser Beispielrechnung rund 19 Euro pro Gramm. So lässt sich also nachvollziehen, ob der Aufkäufer am Markt orientierte Preise anbietet. Auf der Internetseite der Norderstedter gibt es auch einen Rechner für die einzelnen Legierungen. „Doch nicht nur der Preis ist entscheidend, sondern auch, wie exakt die Goldmenge bestimmt wird“, sagt Bochem. Während bei Schmuck in der Regel die Punzierung, der Stempel mit dem Goldgehalt, darüber Auskunft gibt und mit Hilfe von Säuretests überprüft werden kann, ist es bei Zahngold anders. Es kann sich dabei zum Beispiel um eine Mischung von Gold und Platin handeln.

Für die Prüfung stehen eine Reihe von Verfahren zur Verfügung. Am bekanntesten ist das Königswasser, eine Mischung aus Salpeter- und Salzsäure, mit der der Feingoldgehalt des Schmucks anhand einer winzigen Abriebprobe bestimmt wird. Mit einem Röntgenfluoreszenz-Gerät wird der Anteil verschiedener Edelmetalle und ihre Feinheit in einem Schmuckstück bestimmt. Fast alle Goldketten enthalten neben Gold oder Silber auch unedle Metalle. Mit einer speziellen Waage lässt sich prüfen, ob auch der Kern von Münzen und Barren aus Gold besteht. Seriöse Altgoldkäufer erkennt man daran, dass sie das Gold mit modernen und aufwändigen Verfahren messen und beurteilen.

Am besten lässt sich der Goldgehalt und der Anteil anderer Metalle durch ein Scheideverfahren bestimmen. „Seriöse Händler lehnen es auch ab, besonders wertvolle Stücke einzuschmelzen“, sagt Benjamin Summa vom Edelmetallhändler Pro Aurum. „Stattdessen wird den Kunden geraten, diese Schätze anderweitig anzubieten, um einen höheren Preis zu erzielen.“

In jedem Fall muss laut Gesetz der Schmuck vor dem Kunden gewogen werden, das Display des Instruments muss dabei sichtbar sein. Bestimmte Fragen sprechen nicht für die Seriosität eines Aufkäufers, etwa diese: Was haben Sie sich vorgestellt? Was ist das für eine Legierung? Dazu Experte Reinhard Bochem: „Mit solchen Fragen verschafft sich der Aufkäufer einen Puffer, um den Preis zu drücken.“