Von Neu-Delhi bis Halle an der Saale liegen „Wuträume“ im Trend. Am liebsten werden Fernseher zerdeppert

Auch sehr nette Menschen haben ab und zu das Bedürfnis, alles kurz und klein zu schlagen. Dann meldet sich das Tier in uns. Als wir noch selber fast eins waren, konnten solche Aggressionen manchmal Angreifer vertreiben.

Heute besitzen wir eigentlich kulturell höher entwickelte Methoden der Konfliktlösung, mal abgesehen von den Repräsentanten ehemals stolzer Nationen, die neuerdings glauben, viel Porzellan zu zerschlagen sei schon ein Zeichen politischer Stärke. Ihnen sei Yoga empfohlen oder vielleicht jene Art des Stressabbaus, für die eine kleine Firma nahe der indischen Hauptstadt Neu-Delhi jetzt mit dem Slogan wirbt „Zerstöre etwas – oder alles – in unserem break room“ (www.thebreakroom.in). Dabei machen die Inder während der gebuchten 15 Minuten erstaunliche neue Erfahrungen. „Die meisten Besucher können nach gut fünf Minuten nicht mehr“, sagt Organisatorin Sanwari Gupta. Wer jetzt aufatmet, sollte sich bewusst machen: Auch in fünf Minuten kann Omas Meißner Kaffeeservice komplett zerdeppert sein.

Das Bruchraumkonzept – die eigene Wut an fremden Gegenständen auszulassen – kommt aus den USA. Deutschlands erster Wutraum steht übrigens in Halle an der Saale, wird aber gern mitgenutzt von Kleinholzhauern aus dem Westen. Im Internet ist das Zertrümmern von Sperrmüll für 139 Euro die Stunde buchbar, Schutzbrille und -kleidung inklusive.

Begehrteste Wutobjekte sind ausgediente Fernseher und Computermonitore, und das kulturunabhängig von den USA bis nach Indien – eine Spur der Globalisierung. Hier im Norden heißt das wohl: Schiet auf die Software, hau direkt auf die Hardware. Und fühl dich hinterher so viel besser.