Hamburg. Rede am Dienstag in Wilhelmsburg. CDU-Chef fordert Bürgermeister Scholz auf, umstrittenen Auftritt zu stoppen

Die Auseinandersetzungen um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland haben nun auch Hamburg erreicht. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu wird am Dienstagabend in einer Veranstaltungshalle in Wilhelmsburg auftreten. „Die AKP hat einen Raum für 200 bis 250 Leute gemietet“, sagte einer der Betreiber des Plaza Event Centers an der Schlenzigstraße dem Abendblatt.

Der Mann fügte hinzu, die Polizei habe sich bereits die Örtlichkeiten angesehen. Eine genaue Anmeldung des Themas gibt es offenbar nicht. „Es wird wohl um das Referendum in der Türkei gehen“, sagte der Betreiber. „Die Veranstaltung wird um 18 Uhr beginnen und etwa drei Stunden dauern.“

Der Besuch des Außenministers, der für die umstrittene Verfassungs­reform des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan werben will, hatte die Polizei seit Tagen beschäftigt. Bereits Ende vergangener Woche, nach der Absage des Hotels Elysée, in dem noch mit bis zu 500 Gästen eine Veranstaltung durchgeführt werden sollte, hatte es Hinweise gegeben, dass eine Ausweichmöglichkeit gesucht wird. Da der Polizei bis dahin keine Anmeldung und auch keine Verbalnote des Konsulats vorlag, waren schon am Freitag über die Polizeikommissariate mögliche Auftrittsorte lokalisiert worden.

Mittlerweile kam über die Wache Wilhelmsburg die Bestätigung, dass der Auftritt des Ministers im Plaza Event Center stattfinden soll, wo üblicherweise Hochzeiten und andere Feste gefeiert werden. Bislang ist bei der Polizei allerdings unklar, ob es sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes oder um eine private Veranstaltung handelt.

Erst Ende Februar war in dem in der Nähe liegenden Hotel Class das umstrittene Theaterstück „Letzte Festung Türkei“ aufgeführt worden, das von dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 handelt und stark nationalistisch und antiwestlich ausgerichtet ist. Die Aufführung galt als Propaganda im Sinne des türkischen Staatspräsidenten Erdogan.

Diplomatisch ausgesprochen ungewöhnlich ist das Vorgehen der türkischen Seite. Zwar liegt der Polizei inzwischen eine Ankündigung des Besuchs Cavusoglus in Hamburg seitens der türkischen Botschaft vor. „Eine offizielle Information an das Rathaus hat es, wie sonst üblich, von türkischer Seite nicht gegeben“, sagte Senatssprecher Jörg Schmoll am Sonntag.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion forderte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf, gegen die Veranstaltung einzuschreiten. „Türkischer Wahlkampf hat in Deutschland und Hamburg nichts verloren“, sagte Fraktionschef André Trepoll. „Ich erwarte von Olaf Scholz, dass er dieses Mal nicht wieder wie bei Ditib die Augen verschließt und den geplanten Wahlkampfauftritt des türkischen Außenministers in Hamburg mit allen möglichen Mitteln verhindert.“ Demokratiefeindliche Äußerungen aus dem türkischen Moscheeverband Ditib haben zu einer politischen Kontroverse über den Staatsvertrag zwischen Hamburg und den Islamverbänden geführt.

Auf dem sozialen Netzwerk Facebook wird unterdessen zu einem weiteren Autokorso aufgerufen. Die Initiatoren wollen damit erneut gegen die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel protestieren. Die Demonstranten wollen am Dienstag um 17.30 Uhr am Heiligengeistfeld auf St. Pauli starten. Anschließend sollen die Fahrzeuge bis zum Auftrittsort des türkischen Außenministers an der Schlen­zigstraße fahren. Dort werde es eine Abschlusskundgebung geben, heißt es.

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