Vorsicht bei ersten Anzeichen. Die Parodontose ist eine chronische Erkrankung, die unbehandelt sogar einen Herzinfarkt begünstigen kann

Schöne, gesunde Zähne, die möchte eigentlich jeder. Die Basis dafür sind ein vitales Zahnfleisch und ein intakter Zahnhalteapparat. Viele kämpfen aber gerade auf diesem Feld mit Problemen: „Rund 80 Prozent der Menschen ab 35 Jahren hatten schon mal Parodontose“, sagt Dr. Tobias Kreher, Zahnarzt in der Gemeinschaftspraxis Quarree Dental in Wandsbek. In den letzten Jahrzehnten hätte die Zahl der Betroffenen stetig zugenommen – Parodontose habe sich inzwischen zur Volkskrankheit entwickelt. Der Anstieg liege allerdings vor allem darin begründet, dass die Menschen ihre eigenen Zähne heute weit länger behalten als früher.

Aufmerksamkeit sollte man bereits den ersten Anzeichen zollen. „Eine Farbveränderung des Zahnfleischs kann solch ein Signal sein“, sagt Dr. Katy Düsterhöft vom MVZ Dentologicum in Altona. Ist es gerötet und angeschwollen, seien dies unter Umständen erste Symptome. Alarmiert sein sollte man in jedem Fall, wenn Zähneputzen immer wieder Zahnfleischbluten auslöst. „Im Anfangsstadium spricht man von einer Gingivitis“, erklärt Düsterhöft. Dann lässt sich die Entzündung oft noch relativ einfach in den Griff bekommen, denn der Zahnhalteapparat ist noch nicht betroffen. In der Regel reichen dafür schon eine professionelle Zahnreinigung und eine verbesserte Mundhygiene aus. Schreitet die Entzündung weiter voran, kommt Mundgeruch hinzu, und das Zahnfleisch geht zurück, handelt es sich um Parodontose. „Wenn später auch der Knochen angegriffen wird, beginnt sich der Zahn zu lockern“, sagt Dr. Jochen Freitag aus der Praxis Brandt + Freitag Zahnärzte in Winterhude.

Schäden am Knochen sind nicht wieder zu beheben

Auslöser sind Bakterien, rund 700 unterschiedliche Arten besiedeln normalerweise den Speichel, darunter auch einige aggressive Vertreter. Ist das Zahnfleisch gesund, hält es sie ab. Feste Beläge am Zahnfleischrand bieten ihnen hingegen eine Eintrittspforte, um sich dort festzusetzen. Das alarmiert das Abwehrsystem, welches anfangs etwa mit geschwollenem Zahnfleisch und Zahnfleischbluten reagiert. Wird die Abwehr überfordert und wandern die Bakterien weiter in die Tiefe, können sie auch den Zahnhalteapparat angreifen.

Als Reaktion beginnt der Körper dann, den Knochen abzubauen. „Dieser Prozess zieht sich über einige Jahre hin, die Schäden am Zahnhalteapparat sind irreversibel“, warnt Düsterhöft. Ein operativer Knochenaufbau sei nur unter Idealbedingungen wieder möglich. Unbehandelt steht am Ende meist der Zahnverlust. Auch für die Verankerung eines Implantats fehlt dann unter Umständen Knochen. Zudem können weitere Probleme aus einer Parodontose resultieren, wie Gefäßerkrankungen, die einen Herzinfarkt begünstigen, auch ein Diabetes kann negativ beeinflusst werden.

„Viele bemerken anfangs gar nicht, dass sie eine Parodontose haben“, sagt Freitag. Meist stößt der Zahnarzt zufällig bei der Vorsorgeuntersuchung darauf. Denn die Erkrankung verläuft ohne Schmerzen und wird erst im späten Stadium sichtbar, wenn das Zahnfleisch zurückgeht. Besonders anfällig seien Menschen mit geschwächtem Immunsystem, wie an Hepatitis oder Diabetes Erkrankte und Schwangere. Daneben können ungesunde Ernährung, Rauchen und Stress ebenso eine Rolle spielen wie die genetische Veranlagung. „Als Risikofaktor Nummer eins gilt jedoch eine falsche Zahnpflege“, unterstreicht Freitag.

Wichtig ist die Reinigung der Zahnzwischenräume

Wichtig ist deshalb, mindestens zweimal am Tag gründlich die Zähne zu putzen. Mit einer elektrischen Zahnbürste lässt sich nicht selten das Ergebnis verbessern. Auch antibakterielles Mundwasser könne helfen, „dieses aber auf keinen Fall dauerhaft anwenden, da so das natürliche Milieu in der Mundhöhle ungünstig verändert werden kann“, so Düsterhöft. Weit wichtiger sei es, die Interdentalräume mechanisch zu pflegen. „Sie machen 40 Prozent der Zahnoberfläche aus“, betont Kreher. Dentalseide oder Zwischenraumbürstchen entfernen die Beläge an den für die Zahnbürste unerreichbaren Stellen. „Beide Varianten eignen sich gut, um einer Zahnbettentzündung vorzubeugen“, sagt Düsterhöft. Entscheidend sei, dass der Patient mit dem Handling zurechtkomme und sich mindestens einmal am Tag der Reinigung der Zwischenräume widme. Daneben sollte man ein- bis zweimal im Jahr zur professionellen Zahnreinigung gehen. „Nach einer Parodontosebehandlung raten wir in den ersten ein, zwei Jahren sogar alle drei Monate dazu, damit sich nicht erneut Bakterien oberhalb des Zahnfleischs festsetzen“, sagt Kreher.

„Eingangs zeigen wir dem Patienten die richtige Reinigung und motivieren ihn, diese auch umzusetzen“, so Freitag. Denn wenn dieser nicht mitarbeitet, stelle sich langfristig kein durchschlagender Erfolg ein. Nach einer professionellen Zahnreinigung und dem Messen der Taschentiefe, werden, wenn anschließend noch nötig, die sogenannten Konkremente unterhalb des Zahnfleisches beseitigt.

Dem voran geht ein Test, der untersucht, welche Bakterien genau den Zahn besiedelt haben, um besonders aggressive Varianten zu bekämpfen. „Für eine sanfte und gründliche Entfernung nutzen wir Ultraschallverfahren und Handinstrumente“, sagt Kreher. Möglich sei zudem eine zusätzliche Lasertherapie und bakterientötende Substanzen, diese Leistungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen allerdings nicht. Für Ober- und Unterkiefer setzt Kreher zwei Termine an, die im Schnitt jeweils eine Stunde dauern. Danach beginnt die Regeneration, und die Zahnfleischtaschen gehen wieder zurück. Auch später sind Prophylaxe und die regelmäßige Kontrolle wichtig. „Parodontitis ist eine chronische Erkrankung, damit bleibt man ein Leben lang anfällig.“