Zwischen „Alles mit einem für immer“ und „Allzeit zu allem bereit“: Ist die Monogamie wirklich am Ende?

Gut, dass es in der Liebe nichts zu diskutieren gibt. Ist doch wohl allen klar, wie das funktioniert. Die Tammi trifft den Tim. Im Bioladen, beim Pilates oder auf der Kennenlernplattform. Toll, dieser Tim, denkt die Tammi. Der findet das andersrum genauso. Gemeinsame Wohnung. Möbel vom Schweden, aber quietschgrünes Sofa. Bisschen frech muss sein.

Dann sagt er Ja, und sie sagt Ja. Ab sofort alles zusammen. Urlaub, Netflix, am Wochenende zu Mama und Papa. Sex, klar, Sex auch. Muss man aber auch alles nicht übertreiben. Hauptsache es läuft, mit der Liebe. Mindestens so viel können wir uns doch wohl national zugutehalten: Wir Deutschen haben unser Verlangen im Griff. Alles fuchsschlau organisiert. Mit in den Alltag eingebauten Lustblockern.

Wem einmal eine dieser Ordnungsamt-Beamtinnen im blauen Anorak und diesem verbitterten Gesichtsausdruck begegnet, der begehrt so bald nichts mehr. Als hätten wir mit der Altersversorgung und der Maut nicht genug Sorgen, fängt ein junger Mann jetzt aber in Liebesdingen Stress an. „Wie wir lieben – vom Ende der Monogamie“ fantasiert Friedemann Karig in seinem vergangene Woche erschienenen Buch. Mitte 30, journalistisch ausgebildet, weit gereist. So attraktiv, dass ihn selbst ein kleiner Pornoschnäuzer nicht zu entschnuckeln vermag.

Spätestens wenn das lüsterne Gellen der Rentnernachbarn die Stille im eigenen Schlafzimmer zerreißt, soll man mit dem Partner über die Lust auf andere sprechen, rät Friedemann. Ist natürlich Quatsch. Oder wie war das noch mal, als sich die 68er-Studenten in ihrer zügellosen Wahllosigkeit für immer bindungsunfähig beschliefen?

Die hinreißende Schauspielerin Scarlett Johansson findet zwar auch, dass „Alles mit einem für immer“ gescheitert ist. Aber „Allzeit zu allem bereit“ ist doch viel zu sehr Macho-Konzept. Ist es doch, oder?

Die Tammi geht im Karneval als Kaugummiautomat. Hat der Jonas gleich erkannt. Deswegen haben die beiden ein bisschen geknutscht. Wie der Tim mit der Laura bei der Weihnachtsfeier. Der hätte natürlich nicht gleich, aber so schlimm ist das auch wieder nicht. Hauptsache, es läuft mit der Liebe.