Wie Schlauberger versuchen, kostbare Lebenszeit zu sparen. Doch Optimierungswahn ist die Pest unserer Tage

Ja, ich bin ein Fortschrittszweifler, und zwar so lange, bis es der Menschheit gelingt, ein Flugzeug höflich, zügig und schlau zu verlassen. Geht schon beim Bus los. Ältere Herren, ja, es sind fast immer Männer, mit der gewinnenden Aura eines New Yorker Immobilienhais, postieren sich zuverlässig in beiden Einstiegen des Busses.

Klar, wer an der Tür lauert, kann als Erster ins Freie springen und spart wertvolle 27 Sekunden Lebenszeit auf dem Weg zum Gepäckband, wo man sich breitschultrig am Auswurf postiert. Oder ist es die Blase? Es gibt sieben Sorten Inkontinenz. Die erhoffte Zeitersparnis verpufft allerdings, weil der Bus nicht losfährt, denn nachfolgende Passagiere mit regelwidrig großem Handgepäck kommen an den Türstehern nicht vorbei. Diese Verteidigungslinie könnte sofort bei den Denver Broncos anfangen. Stau auf dem Rollfeld. Der verzweifelte Ruf „Durchgehen“ verhallt, obgleich mit einem „Bitte“ versehen. Steinerne Mienen. Auch Senioren haben kapiert, wie hilfreich Kopfhörer beim Realitätsverdrängen sind. Der Busfahrer liest Zeitung. Früher hat er disziplinarische Ansagen gemacht. Sinnlos.

Der Optimierungswahn ist die Pest unserer Tage, auch in der Oper. Da treffen sich in der Pause die Schlauberger an der Garderobe. Die einen geben ihren Mantel jetzt erst ab, weil es endlich ruhig ist, die anderen holen ihre Jacke schon mal, weil es jetzt noch ruhig ist. Was dem Bildungsbürger sein Garderobenpausenstau, ist dem Außendienstler der Bustürsteherstau. Immerhin: Man kann in der Warteschlange gefrorene Fischstäbchen lutschen – da spart man noch mehr.

Der hintere Bus rollt los. Klar, it´s the Economy, stupid; die Menschen aus den hinteren Reihen wissen halt, wie man sich in öffentlichen Verkehrsmitteln benimmt. Nun fährt auch unser Bus an. Am Terminal öffnen sich die Türen auf der gegenüberliegenden Seite. Türstehers Albtraum.

Kleiner Tipp für Lebensoptimierer. Einfach zu Hause bleiben. Dann ist man immer als Erster da.