Der TV- und Film-Star hat in Neil LaButes Satire „Ganzkörpereinsatz“ am 29.1. Premiere

Um eine große Sache viel Aufhebens zu machen scheint ihr nicht so wichtig. Auf „Das Sacher“, den jüngsten erfolgreichen Historien-Zweiteiler im ZDF über das Luxushotel in Wien, wurde sie auf der Straße noch gar nicht angesprochen, erzählt Julia Koschitz völlig unprätentiös. Obwohl den ersten Teil mit 7,2 Millionen mehr Zuschauer sahen als das RTL-„Dschungelcamp“ und die Österreicherin eine der zurzeit gefragtesten deutschsprachigen Schauspielerinnen ist. Sie kenne Hamburg von verschiedenen Filmdrehs und privaten Besuchen, erzählt sie in Bluse, Jeans und Turnschuhen im Abaton-Bistro. „Hier überkommen mich ab und an nostalgische Gefühle“, sagt sie. Gleich nebenan, im Abaton, hatte 2007 „Shoppen“ Premiere, die feinsinnig-entlarvende Speeddating-Komödie, in der Julia Koschitz als Susanna eine der prägnantesten 18 Frauen und Männer auf Partnersuche spielte. Ihr erster Kinofilm.

Jetzt aber ist Probenpause. Seit Mitte Dezember fühlt sich die Wahlmünchnerin auch ein wenig im Hamburger Grindelviertel zu Hause: In den Kammerspielen feiert die Schauspielerin am 29. Januar in der deutschsprachigen Erstaufführung von Neil LaButes „Ganzkörpereinsatz“ doppelte Premiere – die 42-Jährige agiert erstmals auf einer hiesigen Theaterbühne. „Ich habe vor ungefähr acht Jahren hier mal vorgesprochen“, erinnert sie sich, am Altonaer Theater war’s. Welches Stück? Julia Koschitz überlegt lange, spricht scherzend von „Frühdemenz“ und kommt dann doch darauf: „König Lear“ – eines ihrer letzten Vorsprechen. Danach zeigte sie in Film und Fernsehen, dass sie in keine Schublade passt – ob im Liebesfilm „Der letzte schöne Herbsttag“, in der RTL-Serie „Doctors’s Diary“ oder als Krebskranke im Familiendrama „Pass gut auf ihn auf“, für das sie 2014 gleich drei Auszeichnungen erhielt.

Julia Koschitz schätzt Neil LaBute, den US-Autor von „Ganzkörpereinsatz“

Ein bisschen habe sie das Theater vermisst, „aber es musste halt das richtige Projekt zur richtigen Zeit kommen“, sagt Julia Koschitz. „Das Stück, die Besetzung und die Wahl des Regisseurs, das hat mich alles sehr angesprochen.“ Den „Ganzkörpereinsatz“, eine Satire, koordiniert mit Kai Wessel ein Regisseur, der an den Kammerspielen schon Neil LaButes „Fettes Schwein“ zu einem Kult-Stück entwickelt hat. Julia Koschitz selbst schätzt den gesellschaftskritischen US-Autor. „Er seziert uns Menschen auf eine gnadenlose Weise, aber mit einer großen Leichtigkeit. Dabei schafft er es, einen gut zu unterhalten und trotzdem betroffen zu machen.“

In LaButes „Ganzkörpereinsatz“ gibt sie wie ihr Kollege Patrick Heyn einen Hollywoodstar. Beide sind auf dem absteigenden Ast und sehen sich mitsamt ihren Partnerinnen damit konfrontiert, wie weit sie für etwas mehr Ruhm zu gehen bereit sind – Stichwort öffentliche Aufmerksamkeit. „Es geht in dem Stück zwar um die Schauspielbranche, doch es ist durchaus übertragbar auf unsere Gesellschaft, zumindest in Teilen. Unsere Kommunikationsmittel – von Facebook über Twitter bis Instagram – dienen doch auch mehr der Selbstdarstellung als einem wahren Austausch!“, sagt Julia Koschitz. Genau das aber nehme das Stück auf die Schippe.

Wie sie es mit der Kommunikation hält? „Ich gehöre wohl eher zu den Dinosauriern“, räumt sie ein. Aber die Zahl der Facebook-Fans eines Schauspielers werde in der Branche teilweise tatsächlich als Währung gehandelt, meint sie.

Auf „Shoppen“ jedoch, ihren ersten Kinoerfolg, werde sie nirgendwo so oft angesprochen wie in Hamburg und München, fügt sie an. Dann muss sie wieder in die Kammerspiele zu den Endproben, inklusive der täglichen Arbeit mit einem Kampfchoreografen. Im „Ganzkörpereinsatz“ geht es zwischen allen vier Beteiligten nämlich richtig zur Sache.

„Ganzkörpereinsatz“ Premiere So 29.1., 19.00, bis 12.3., Kammerspiele (U Hallerstraße),
Hartungstr. 9–11, Karten zu 19,- bis 44,- unterT. 413 34 40; www.hamburger-kammerspiele.de