Die etwas andere Neiddebatte: Von Joachim in der Hängematte, Martin Winterkorn und Donald Trumps Außenminister

Joachim (67) ist Minimalist. WG-Zimmer mit Hängematte, keine Möbel, wenig Klamotten. Den Winter verbringt er gern im Süden, die Mitfahrzentrale verschafft ihm günstige Fahrten. Musik, Lektüre, Dokumente trägt Joachim im Tablet-Computer bei sich. Besitz mache nur Stress, sagt er. Die Zeit für Anschaffen, Kümmern, Loswerden könne man doch viel besser nutzen, um sich mit Freunden zu treffen, zu lesen, ein Nickerchen zu machen. 450 Euro im Monat reichen. Joachim fühlt sich nicht arm, sondern frei.

Martin Winterkorn (69) bekommt derzeit ein betriebliches Ruhestandsgeld von deutlich über 3000 Euro – am Tag. Damit würde Joachim ein halbes Jahr zurechtkommen. Der frühere VW-Chef dürfte sich gleichwohl nicht übermäßig frei fühlen. Eine Serie von Klagen steht an, das Privatvermögen ist in Gefahr, Alltagsgeschäfte wie Brötchenholen wird ihm der deutsche Autokäufer zuverlässig vermiesen, der sich durch die Ära Winterkorn gleich mehrfach veräppelt fühlen durfte.

Rex Tillerson wiederum kassiert 2000 Dollar – jede Stunde. Warum? Das ist nicht ganz klar. Als Exxon-Boss war Tillerson unter anderem für Pipeline-Lecks verantwortlich, von Niedersachsen bis Arkansas. Nun wurde er zum US-Außenminister berufen, was einen freiwilligen Abschied vom Chefposten bedeutet und eine Abfindung nicht zwingend erfordert, schon gar nicht 18 Millionen Dollar, zehn Jahre lang. Vielleicht vorweggenommenes Schmerzensgeld. Das globale Klima wird Trumps Chefdiplomat vermutlich nicht verbessern. Egal. Wir kontern mit Toni Kroos. Der macht 20 Millionen im Jahr – Euro, nicht lumpige Dollar.

„Neiddebatte“ heißt es gern, wenn absurde Bezüge aufgezählt werden, die kaum als Verdienst zu bezeichnen sind. Ja, auch ich bekenne mich dazu. Ich beneide Joachim um seine Konsequenz, seine Risikobereitschaft, die gelassene Bescheidenheit, die Vertrauen schafft. So einer ist kaum zu korrumpieren. Aus dem Mann hätte eine vorbildliche Führungskraft werden können.