Hamburg . Die Dame ging die Treppe am S-Bahnhof Ohlsdorf hinab, als zwei Männer sie attackierten. Keiner der Passanten rief die Polizei.

Schon wieder ist in Hamburg eine Frau hinterrücks und äußerst brutal angegriffen worden – auch der neue Vorfall erinnert fatal an die Tretattacke im Berliner U-Bahnhof Hermannstraße vor rund zwei Monaten.

Das 75 Jahre alte spätere Tatopfer hatte am S-Bahnhof Ohlsdorf am Montag gegen 8.45 Uhr eine aus Richtung Barmbek kommende S-Bahn verlassen. Die gehbehinderte alte Dame nutzte gerade die vom Bahnsteig hinabführende Treppe, als einer der beiden Täter sie von hinten schubste. „Dadurch verlor sie das Gleichgewicht und stürzte auf das Gesäß“, sagte Polizeisprecher Ulf Wundrack. In diesem Moment habe ihr der zweite Täter die mitgeführte Handtasche entrissen. „Nur durch ihr reflexartiges Ergreifen des Geländers gelang es der 75-Jährigen, einen vermutlich noch wesentlich dramatischeren Sturz zu verhindern“, so Wundrack weiter. Die Täter seien nach dem Raubüberfall in unbekannte Richtung geflüchtet.

Der Fall erinnert an die Tretattacke im Berlin

Der S-Bahnhof Ohlsdorf ist ein stark frequentierter Bahnhof, gerade zur Rush-Hour am frühen Morgen. Doch niemand benachrichtigte offenbar die Polizei. „Wir erwarten ja nicht, dass Zeugen die Täter verfolgen oder festnehmen, das ist unser Job“, sagte Wundrack. „Aber es ist jedem Menschen zuzumuten, mit dem Handy die Polizei via 110 zu informieren“. Eine direkte Parallele zur Berliner Trittattacke sieht Wundrack allerdings nicht – „bis auf die perfide Tatbegehung“. Während in Berlin offenbar die pure Lust an der Gewalt tatleitend war, hätten es die Räuber in Ohlsdorf auf das Hab und Gut der Frau abgesehen.

Vor zwei Monaten hatte ein damals noch unbekannter Mann eine junge Frau im Berliner U-Bahnhof Hermannstraße mit einem Tritt in den Rücken die Treppen hinuntergestoßen und schwer verletzt. Mitte Dezember dann konnte der mutmaßliche Täter, ein 27 Jahre alter Bulgare, im Zuge einer breit angelegten Öffentlichkeitsfahndung am Busbahnhof in Berlin-Charlottenburg verhaftet werden. Die Tat hatte deutschlandweit für Fassungslosigkeit gesorgt.

Die Polizei fahndet nach zwei 17 bis 18 Jahre alten Männern

Ein ähnlicher Fall mutmaßlich anlassloser Gewalt hatte sich vor wenigen Wochen auch in Hamburg abgespielt. Am Billstedter Marktplatz, unweit des Billstedt-Centers, war ein 39 Jahre alter Mann einer 57 Jahre alten Frau „mit Anlauf in den Rücken gesprungen“. Die zierliche Frau flog durch die Luft und schlug an einem Marktstand mit dem Hinterkopf aufs Pflaster. Im Unfallkrankenhaus Boberg diagnostizierten die Ärzte einen Bruch des rechten Handgelenks. „Wäre ich zehn Jahre älter gewesen, hätte es für mich noch deutlich schlimmer ausgehen können“, sagte Anke H. kurz nach der Tat dem Abendblatt. Durch ihre Verletzung ist die 57-Jährige noch immer stark eingeschränkt. Nach den polizeilichen Ermittlungen hatte der Täter vor der Attacke auf Anke H. drei Frauen um Geld angebettelt. Nachdem sie ihn abgewiesen hätten, sei der Mann sehr aggressiv aufgetreten. Möglicherweise aus Frust über die Abfuhr trat Harun A. dann der vor ihm laufenden 57-Jährigen an der Reclamstraße in den Rücken. Passanten hielten den 39-Jährigen darauf bis zum Eintreffen der Polizei fest. Gegen ihn ermittelt die Polizei nun wegen gefährlicher Körperverletzung.

Im Fall der am S-Bahnhof Ohlsdorf attackierten und ausgeraubten Dame ermittelt nun das für die Region zuständige Raubdezernat des Landeskriminalamtes. Die Polizei fahndet nach zwei 17 bis 18 Jahre alten Männern, die etwa 1,70 Meter groß und schlank sein sollen. Beide waren zur Tatzeit „dunkel gekleidet“, teilte die Polizei mit. Zeugen, die die Tat beobachtet haben oder Hinweise auf die Täter geben können, werden gebeten, sich beim Hinweistelefon der Polizei Hamburg unter Telefon 040/428656789 zu melden.