Augsburg.

Es war ein rund zwölf Stunden langer Ausnahmezustand in Bayerns drittgrößter Stadt. Um fünf Uhr in der Früh hatten die Stadtwerke am ersten Weihnachtsfeiertag mehr als hundert Busse und Straßenbahnen losgeschickt, um 54.000 Bewohner bei der bisher größten Evakuierung wegen einer Bombenentschärfung in Deutschland in Sicherheit zu bringen.

Die zwei Mitarbeiter des Bombenräumkommandos arbeiteten über Stunden allein in einem Sperrgebiet von eineinhalb Kilometern um die Bombe herum. Mehrere Zünder mussten aus der Fliegerbombe, die viel größer war als übliche Blindgänger, entfernt werden. Die gegen 15 Uhr begonnene Aktion zog sich in die Länge und strapazierte die Nerven von Krisenstab und betroffenen Bürgern. Erst gegen
19 Uhr konnten die Bombenspezialisten vermelden, dass sie die 1,8 Tonnen schwere britische Luftmine unschädlich gemacht hatten.

Die in der Sperrzone lebenden Augsburger waren tagelang darauf vorbereitet worden, dass sie Weihnachten ihre Wohnungen verlassen müssen. Doch Bahnen und Busse blieben überweigen leer, auf den Straßen waren nur relativ wenige Autos unterwegs. Offenbar hatten viele das gemacht, worauf die Behörden schon in den Tagen seit dem Bombenfund am Dienstag gehofft hatten: Sie waren Heiligabend zu ihrer Familie oder zu Freunden gefahren, manche auch verreist.

Schließlich machten sich die zwei Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes aus Würzburg hoch konzentriert an die Arbeit. Ein Kollege von ihnen hatte zuvor betont, beide seien trotz der gefährlichen Aufgabe „gut drauf“. Für den Fall, dass doch etwas schiefgeht, war um die Bombe ein meterhoher Schutzwall aus Sandsäcken errichtet worden. Dies sollte im Fall der Fälle die Druckwelle der mit eineinhalb Tonnen Sprengstoff gefüllten Luftmine mindern.

„Wir haben hier in Augsburg so ein Riesending noch nicht gehabt“, sagte Polizeisprecher Manfred Gottschalk zur Dimension der Bombe. Dabei hat Augsburg viel Erfahrungen mit Blindgängern: Als wichtiger Rüstungsstandort der Nazis, beispielsweise mit den Messerschmitt-Flugzeugwerken, war die Stadt mehrfach Ziel alliierter Bomberpiloten. Groß war die Erleichterung aller, als am Sonntagabend die erlösende Nachricht von der gelungenen Entschärfung die Runde machte. Zahlreiche Menschen kehrten noch am Abend in ihre Wohnungen zurück. Der Transport betreuungsbedürftiger Menschen wird aber wahrscheinlich noch bis zum Dienstag andauern.