Hamburg. Stimmenvergabe für viele zu kompliziert. Drei Prozent der Wahlzettel ungültig. Auch Volksentscheide reformieren?

SPD und CDU sind sich grundsätzlich darüber einig, das Hamburger Wahlrecht wieder zu ändern – und möglicherweise auch die Volksgesetzgebung zu reformieren. Das sagten Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) und der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, André Trepoll, dem Abendblatt in einem exklusiven Doppelinterview.

„Es hat sich sowohl 2011 als auch 2015 gezeigt, dass das Wahlrecht für manche Wähler sehr kompliziert ist“, so Veit. „Rund drei Prozent der Stimmen waren ungültig, weitere zwei Prozent der Wähler haben weniger Stimmen abgegeben als möglich.“ Trepoll sieht die Lage ähnlich. Es dürfe die Politik nicht gleichgültig lassen, wenn Bürger ihr Wahlrecht nicht ausübten, weil sie sich überfordert fühlten: „Wir fordern eine deutliche Vereinfachung. Aus dem Qualrecht muss wieder ein Wahlrecht werden.“

Über die Details einer Reform gibt es noch keinen Konsens. Die CDU fordert, dass es künftig nur noch eine Stimme für die Landesliste einer Partei geben soll. Bisher können die Hamburger auf der Landesebene fünf Stimmen auf Parteilisten oder Kandidaten verteilen. In den 17 Wahlkreisen soll es laut CDU weiter fünf Stimmen geben.

Die SPD-Politikerin Veit dagegen will den Wählern die fünf Stimmen auch bei der Landesstimme belassen, plädiert aber dafür, auf Wahlkreis­ebene die Möglichkeit einzuführen, für Parteilisten zu stimmen – weil viele Kandidaten den Wählern nicht bekannt seien.

Für eine Änderung des Wahlrechts ist eine Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft nötig, die SPD und CDU auch gemeinsam derzeit nicht erreichen. Beide hoffen auf eine Beteiligung der Grünen, aber auch anderer Fraktionen an einer Wahlrechtsreform. Ziel sei es, „bis Ende 2017 mit dem Thema durch zu sein“, so Trepoll.

Neben dem Wahlrecht sehen beide Politiker auch bei der Volksgesetz­gebung Reformbedarf. Veit sagte, sie wünsche sich höhere Mindestbeteiligungen. Trepoll nannte es „schizophren, dass wir immer komplexere Themen bei Volksentscheiden in simplen Ja-Nein-Fragen entscheiden sollen – das Wahlrecht aber gleichzeitig immer komplizierter geworden ist“.

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