Die nordfriesische Insel muss man unbedingt auch mal im Winter erlebt haben. 60.000 Betten zwischen List und Hörnum stehen bereit

Im Winter nach Sylt fahren? Wer sich warm anzieht, dem sei ein Besuch ans Herz gelegt, denn die Stille der endlosen, fast menschenleeren Strände und Dünenlandschaft und der weite Blick über das eisig glitzernde Meer sind jetzt besonders schön.

Die mit 99,14 Quadratkilometern größte nordfriesische und gleichzeitig nördlichste deutsche Insel bedient die Sehnsucht nach Ruhe und Natur und erfüllt dabei die Ansprüche der schon alles kennenden Großstädter. Im Norden der Insel treffen das ruhige Wattenmeer und die wilde Nordsee aufeinander. Hier am Ellenbogen ragen weithin sichtbar zwei Leuchttürme in den Himmel und markieren diese einzigartige Naturlandschaft grasbewachsener Dünen, die zu den schönsten Ecken der Insel zählt. Südlich vom Ellenbogen kreuzt der Wanderer den Königshafen, ein natürliches Hafenbecken, bevor er zur nördlichsten Stadt der Insel gelangt: List.

Wegen der vielen Imbissstände heißt das Städtchen auch „List Vegas“. Hier startete Jürgen Gosch in den 1970er-Jahren mit einem Bauchladen seinen Fischverkauf – ein Fischbrötchen bei Gosch gehört also zum Pflichtprogramm. Im Listland türmen sich die bis zu 35 Meter hohen letzten Wanderdünen Deutschlands auf, und im Erlebniszen­trum Naturgewalten kann man etwas über Wetter und Gezeiten lernen.

Bei Kampen liegt die Uwe-Düne, die höchste Erhebung der Insel mit 52,5 Meter Höhe. Wer sie erklimmt, hat eine wunderbare Aussicht über die Insel bis hinüber nach Amrum und Föhr. Heute ist Kampen ein malerischer Ort mit vielen betuchten Gästen und Einwohnern. Hier befindet sich auch der Strönwei, die „Whisky-Meile“, wo sich ein Café und Lokal ans andere reiht. Gerade im Winter ist die urige Kupferkanne von Kampen ein beliebter Treffpunkt.

Nicht weit von Kampen entfernt, auf der Westseite gelegen, befindet sich auch das überwältigende Rote Kliff, das bei Sonnenuntergang eine tolle Färbung hat, mit etwas Glück sogar in der schwachen Wintersonne. Danach muss man natürlich auch das Weiße Kliff in Braderup bewundern, das etwas südlicher an der Ostseite gelegen ist.

Und wenn wir bei den Kliffs sind, darf auch das Morsum-Kliff nicht fehlen, denn dieses Steingebilde, das man gleich bei der Ankunft per Bahn zu Gesicht bekommt, ist geologisch einzigartig in Europa. Die Formationen des knapp 2000 Meter langen Kliffs wurden durch Einwirkung von Gletschern der Saale-Kaltzeit schräg gestellt, sodass man die Schichten heute nebeneinander statt übereinander bewundern kann.

Von den fünf Orten Morsum, Archsum, Munkmarsch, Tinnum und Keitum, die sich in Sylt-Ost befinden, wird letztgenannter oftmals als der schönste Ort auf Sylt bezeichnet. Im Dorfkern gruppieren sich schöne Friesenhäuser um die mittelalterliche Kirche St. Severin, in der jeden Mittwoch Orgelkonzerte stattfinden. Boutiquen, Kunsthandwerk, das Heimatmuseum sowie das Altfriesische Haus erfreuen den winterlichen Inselbesucher als wärmender Ort nach langem Weg. Zur Stärkung lohnt sich die Einkehr im neu eröffneten Brot und Bier mit offener Showküche und dem ersten echten Sylter Bier. An der Westküste muss man Wenningstedt und Westerland besuchen. Westerland stieß mit seiner Ernennung zum Seebad 1855 den Tourismus der Insel an und beherbergt heute knapp die Hälfte aller Touristen. An dem 40 Kilometer langen Strand reihen sich im Sommer rund 13.000 Strandkörbe.

Viele der inselweit 230 gastronomischen Betriebe sind in Westerland, unter anderem sind Jörg Müller, Franz Ganser, Alte Friesenstube und Altes Zollhaus, Shirobar und Pinocchio für ihre gute Küche bekannt. In Rantum darf auch ein Besuch der Sansibar nicht fehlen. Hier erfreuen sich High Society sowie Surfer an der Küche und den guten Weinen. Sehenswert ist das Sylt Aquarium, wo sich in einer Million Liter Meerwasser mehr als 1000 Meeresbewohner aus Nordsee und Tropen tummeln.

Die Chancen, im Winter eins der etwa 60.000 Betten auf Sylt zu bekommen, stehen gut. Die Anreise ist per Zug auch wieder fahrplanmäßig mit annähernd voller Waggonzahl der Deutschen Bahn möglich – oder per Fähre ab Rømø. Und sollte sich trotz wind- und wetterfester Kleidung eine Erkältung ankündigen, wird man schnell versorgt, denn die Insel hat die beste Hausarztversorgung Deutschlands.