Bamberg.

Die Frage nach dem Warum stellen sie sich im Dorf noch immer. Einer von ihnen hat ein elfjähriges Mädchen erschossen, einfach so. 450 Menschen leben in Unterschleichach in Franken, fast jeder kennt die Familie des Täters. Gestern verurteilte ihn das Landgericht Bamberg wegen Mordes zu zwölf Jahren und sechs Monaten Haft. Lebenslänglich bekommt er nicht, weil das Gericht nicht ausschließen kann, dass der körperlich kranke und depressive Mann vermindert schuldfähig ist.

Fast ein Jahr ist seit den tödlichen Schüssen vergangen: Das Jahr 2016 ist noch keine Stunde alt, als Roland E. von einem Silvester-Knaller aus dem Schlaf gerissen wird. In Jogginghose und Hausschuhen geht der 54-Jährige in den Keller, holt einen Revolver aus dem Schrank, tritt aus der Haustür und schießt drei- oder viermal in eine fröhliche Menschengruppe. Eine Kugel trifft die Schülerin Janina, die auf der Straße mit Bekannten Silvester feiert, in den Hinterkopf. Das Mädchen bricht zusammen, stirbt später im Krankenhaus. Erst elf Tage später räumt Roland E. die Tat ein. In mehreren Vernehmungen gibt er an, der Lärm zu später Stunde habe ihn wütend gemacht.

Roland E. ist in Unterschleichach aufgewachsen. Im Dorf erzählen sie, dass sie ihm so eine Tat nie zugetraut hätten. Ein angenehmer Zeitgenosse war er jedoch nicht. „Er war ein bissl eigen“, sagt Sabine Weinbeer. Die 52-jährige Journalistin kennt Roland E. seit Kindertagen, sie waren Nachbarn. „In den letzten Jahren hat er sich sehr zurückgezogen. Er war krank und hatte chronische Schmerzen.“ Beruflich schien alles in Ordnung zu sein. Weil ihn die Arbeit körperlich stark belastete, hatte sich der gelernte Maurer eine neue Stelle als Lkw-Fahrer bei einer Justizvollzugsanstalt gesucht, fuhr die Wäsche der Gefangenen. „Er war so froh, nicht mehr auf dem Bau arbeiten zu müssen“, sagt Weinbeer.

Offenbar hat es ihn schwer getroffen, dass seine langjährige Freundin ihn verließ und mit ihrem gemeinsamen Sohn (15) in einen Nachbarort umsiedelte. Roland E. blieb alleine in Unterschleichach. Seitdem zog er sich immer mehr zurück. An Dorffeiern nahm er nicht mehr teil. Vor Gericht sagt er, er habe das alles nicht gewollt. „Wir halten ihn auch nicht für einen eiskalten Menschen“, sagt Richter Manfred Schmidt. Dennoch: Janinas Eltern hat er das Kind genommen.