Der Animationsfilm „Vaiana“ ist brillant gestaltet, mitunter jedoch etwas zu pathetisch

Der Sehnsuchtsort der polynesischen Häuptlingstochter Vaiana ist nicht genau bestimmt. Er liegt auf jeden Fall jenseits des Korallenriffs, das ihre Insel Motonui umgibt und über dessen schroffe Kanten sich seit Generationen kein Motonuianer mehr getraut hat. Vaiana träumt davon, sie endlich zu überwinden und die Weite des Ozeans zu befahren, erst einmal nur aus Neugier und Hang zu spätpubertärer Rebellion. Denn anfangs herrscht noch eitel Sonnenschein im ozeanischen Paradies. Bedroht wird genau dieses aber bald von außen. Denn ein Vulkandämon schickt sich an, das grüne Eiland nach und nach in verbrannte Erde zu verwandeln. Und das alles nur, weil Maui, ein etwas schnöselhafter Halbgott, einst einen magischen Stein entführt hat, der den Dämon lange in Bann hielt.

Um endlich aufzubrechen, Maui zu finden und ihr Zuhause zu retten, wird Vaiana von ihrer Großmutter mit der historischen Identität der Motonuianer bekannt gemacht. Sie waren einst stolze Seefahrer, stets auf der Suche nach neuen Inseln, die natürlich nicht kriegerisch erobert wurden, sondern von Maui mit seinem gewaltigen Haken aus dem Ozean gezogen worden waren. Vaiana entdeckt in dieser verdrängten Vergangenheit den Ursprung ihres Fernwehs. Ihre abenteuerliche Seereise macht sie so auch zur Hebamme bei der Wiedergeburt ihrer Nation, die es sich wohl zu lang in ihrer Komfortzone gemütlich gemacht hatte.

„Vaiana“ fasziniert mit der Brillanz seiner Animation. Ob auf dem Meer oder am feinkörnigen Sandstrand, alles ist hyperrealistisch gestaltet und entfaltet auch noch in der 2-D-Version große visuelle Reize. Während die eigentliche Geschichte sich manchmal etwas gezwungen von einem Höhepunkt zum nächsten schleppt, sind Vaiana und Maui als vielschichtige, mal übermütige, mal selbstzweiflerische Figuren gezeichnet. Auch in der deutschen Fassung werden sie Dank der Stimmen von Lina Larissa Strahl („Bibi & Tina“) und Sänger Andreas Bourani schnell zu Sympathieträgern.

Besonders bemerkenswert scheint jedoch, wie die Autoren Bezüge zu politischen Tendenzen der Gegenwart eingearbeitet haben. Wenn Vaiana ihrem geschichtsvergessenen Volk „Wir sind eigentlich Seefahrer!“ zuruft, kommt man kaum umhin, an Donald Trumps „Make America great again!“ zu denken. Beide Parolen entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als substanzlose Phrasen. Warum man sich auf welchen Aspekt der eigenen Geschichte genau zurückbesinnen soll, bleibt diffus.

Entsprechend kann man sich auch Vaianas mit Pathos gesungene Selbstbeschreibung „Ich bestimme, wer ich bin“ in einer Rede des zukünftigen US-Präsidenten vorstellen. Und so schwingt die dunkle Seite des Prinzips Selbstermächtigung auch im bunten Paradies von „Vaiana“ immer ein bisschen mit.

„Vaiana – Das Paradies hat einen Haken“
USA 2016, 103 Min., ab 0 J., R: Ron Clements und John Musker, in der deutschen Fassung mit den Stimmen von Lina Larissa Strahl und Andreas Bourani, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Hansa, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; www.vaiana-film.de