Ob sie mir drei persönliche Fragen stellen dürfe, wollte sie wissen. Wir telefonierten. Ihre Stimme klang, als würden wir bei geöffnetem Verdeck persönlich werden. In einer Gegend, in der der November nur einer von insgesamt zwölf Sonnenmonaten ist. Persönliche Fragen, wie toll jung das klingt. Ich bin in diesem „Nicht alt, aber ...“-Alter.

Nicht alt, aber ich hörte schon mal besser. Nicht alt, aber woher kommt dieser Schmerz beim Joggen, den es früher doch nie gab? Nicht alt, aber wäre genau jetzt meine Lebenshälfte erreicht, dann würde ich mit 96 Jahren abtreten. Allein bei dieser Hypothese höre ich mein Zigarettenetui schon prusten. „Nicht alt, aber“-Menschen wissen alles über sich und andere.

Manche Essensabende mit Freunden sind wie ein Lückentext-Spiel. Atmet der Sprechende im falschen Moment, wird sofort sein Satz komplettiert. Schließlich können alle Anwesenden exakt vorausahnen, was er eigentlich sagen wollte. Aber diese Frau ist noch nicht satt. Sie hungert nach Antworten. Hoffentlich ist nicht Girls Day, und ihre Aufgabe lautete: Stell bitte einem Menschen einer älteren Generation drei persönliche Fragen. Mit ihrer Bitte hat sie mich so zum Teenager rücküberrumpelt, dass ich augenblicklich Depeche-Mode-Konzertkarten kaufen möchte. Ich werde mich mit Aufrichtigkeit bedanken. Ob mich die Trump-Wahl geschockt hat? O ja. Ob ich an den Teufel glaube? Ja, er heißt Arjen Robben. Ob ich finde, dass es etwas Wichtigeres im Leben gibt als die Liebe? Hier werde ich sanft „Vielleicht Freundschaft“ antworten. Und auf Nietzsche verweisen, der das gesagt hat. Tatsächlich will sie Adresse, Geburtsdatum und die letzten vier Ziffern meiner Kontonummer wissen. Ist ja auch ein Gespräch mit der Bank. Dachte ich, als sich das Cabrio jäh wieder schloss. Trotzdem bin ich überzeugt: Fragern scheint auch an trüben Tagen die Sonne.