Peking.

Chinesen mögen es deftig. Schweinefleisch süß-sauer, Hühnchen Gongbao, Peking-Ente – in vielen Restaurant- und Privatküchen zwischen Himalaya und Gelbem Meer gilt der Grundsatz: Je mehr Fleisch auf den Teller kommt, desto besser schmeckt‘s. Vegetarier haben es schwer. Wer beim gemeinsamen Abendessen fleischlose Kost bestellt, erntet häufig abschätzige Blicke oder wird als „Weichei“ verspottet. Daher ist es umso überraschender, dass ausgerechnet die chinesische Regierung nun den Fleischkonsum halbieren will – dem Klima und der Volksgesundheit zuliebe. Dafür hat sich Peking zwei Schwergewichte aus Hollywood zur Seite geholt: Arnold Schwarzenegger (69) und James Cameron (62).

In einem Werbespot wird vor den Gefahren durch die Fleischproduktion gewarnt. Darin stolpert Schwarzenegger mit verbundenen Augen durch eine apokalyptische Mondlandschaft auf eine Klippe zu, während eine Stimme warnt, dass wir unseren Lebensstil ändern und weniger Fleisch essen müssen, wenn wir „katastrophalen Klimawandel“ verhindern wollen. Im letzten Moment nimmt Schwarzenegger die Augenbinde ab, blickt in den Abgrund und dann in die Kamera. „Weniger Fleisch, weniger Hitze – mehr Leben“, fasst er die Botschaft des Spots zusammen. Regisseur Cameron fragt sich in einem anderen Video: „Wie kann ich mich Umweltschützer nennen, wenn ich durch das, was ich esse, zur Umweltzerstörung beitrage?“

China verzehrt ein Drittel der weltweiten Fleischproduktion

Fleisch ist in China ein Statussymbol. Fast 700 Millionen Schweine werden dort Jahr für Jahr geschlachtet. Herrschte vor wenigen Jahrzehnten noch in ganzen Landstrichen Eiweißmangel, ist der Verzehr von Schweine-, Rind-, Lamm- und Geflügelfleisch in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen. Experten haben ausgerechnet, dass der jährliche Fleischkonsum in der Volksrepublik auf über 90 Kilo pro Kopf ansteigen könnte. Schon jetzt entfällt ein Drittel des globalen Fleischkonsums auf China: 63 Kilogramm Fleisch essen die Chinesen pro Jahr im Schnitt, 1982 waren es noch 13 Kilo. Deutsche kommen auf etwa 59 Kilogramm.

Angesichts dessen will die chinesische Führung nun gegensteuern. Sie hat angekündigt, den Pro-Kopf-Konsum bis 2030 auf 27 Kilogramm im Jahr zu drosseln. Dafür setzt die Führung auf Aufklärung. Gemeinsam mit der Umweltorganisation Wild Aid wurden die Spots mit Cameron und Schwarzenegger produziert. Der gebürtige Österreicher engagiert sich schon länger. Bei der Klimakonferenz 2015 hielt er eine viel beachtete Rede vor Studenten, bei der er vorschlug, ein- bis zweimal die Woche auf Fleisch zu verzichten. „Weniger Fleisch zu essen ist eine große Herausforderung, aber das bedeutet nicht, dass wir sie nicht angehen sollten.“ Und auch für Sportler sei eine fleischarme Ernährung geeignet: „Ich kenne viele Bodybuilder und Gewichtheber, die vegetarisch leben.“

Das chinesische Umweltministerium begründet seine Empfehlung unter anderem damit, dass der exzessive Fleischkonsum schlecht für das Klima sei. Die Wissenschaftszeitung „Keji Ribao“ hat erst in einer ihrer letzten Ausgaben chinesische Umweltexperten zitiert, denen zufolge rund 15 Prozent des in China verursachten Treibhausgases auf die Produktion von Fleisch zurückgehen. Vor allem die Rinderwirtschaft produziere große Mengen an Treibhausgasen: Bis zu 230 Liter Methan entstehen jeden Tag bei der Verdauung der Tiere – und werden freigesetzt. Auch der Einsatz von stickstoffhaltigem Kunstdünger trage massiv zum Ausstoß von Treibhausgasen bei, heißt es in dem Artikel. „Damit ist der Klimaschaden durch den Fleischkonsum größer als durch den Verkehr.“

Ob der ehrgeizige Plan, aus den Chinesen ein Volk der Fleischverächter zu machen, aufgeht, ist jedoch umstritten. Der Anteil der Vegetarier liegt aktuell bei unter einem Prozent. Der populäre Filmemacher Jian Yi glaubt nicht, dass der Fleischkonsum in den nächsten Jahren spürbar zurückgehen wird. Er hat einen Dokumentarfilm über die chinesische Fleischindustrie gedreht und wirbt ebenfalls für fleischlose Kost. Doch viele Chinesen hätten es erst in den letzten Jahren geschafft, der Armut zu entfliehen, gibt Jian Yi zu bedenken. Der Nachholbedarf sei einfach noch zu groß.