Stell dir vor, der Dreijährige muss ins Bett – und plötzlich fehlt das Entscheidende. Aber Hauptsache, er singt nicht.

Ich habe mich entschieden. Den Dreijährigen müssen andere erziehen. Es gibt da dieses afrikanische Sprichwort, dass es ein ganzes Dorf bräuchte, um ein Kind zu erziehen. Der Dreijährige bräuchte eher eine Kleinstadt.

Kürzlich wollte ich ihm die Zähne putzen, seine Schwester hatte die Zahnpasta zur Freundinnen-Übernachtung mitgenommen. Natürlich hatten wir Ersatz, doch der Dreijährige presste die Lippen fest aufeinander, schaffte es gerade noch zu sagen: „Nicht DIE Zahnpasta! Ich will Testsieger!“ Ich: „Der Testsieger ist heute nicht da. Aber schau mal, hier ist Bambi drauf …“ Dreijähriger: „Nein, kein Bambi!“ Ich: „Oh, schau mal, die ist sogar von Zahnexperten entwickelt …“ Dreijähriger: „Nein! Meine Zähne brauchen Testsieger … Huahua.“

Ich gebe es ungern zu, aber an diesem Abend hat er keine Zähne geputzt, stattdessen lag er schluchzend in meinen Armen und rief nach dem Testsieger. Spätabends, kurz vor Supermarktschluss, besorgte der Vater den Testsieger noch. Doch schon morgens war alles anders: „Die nicht!! Ich möchte Bambi! Die ist von Zahnexperten!“ Wir: „Aber der Testsieger …“ Er: „Testsieger ist blöd.“

Neuerdings will sich dieses honigblonde Wesen die Haare wachsen lassen. Aber ohne Kämmen. Er hasst das. Wenn wir ihn nach dem Baden kämmen, rechne ich jedes Mal damit, dass die Nachbarn den Kinderschutzbund alarmieren. „Lass das!!! Du tust mir weeeehhhhh!!!“ Er ist ein bisschen empfindlich. Beulen dürfen bei ihm nicht mit einem „Kühli“ gelindert werden, er verlangt schniefend sein „Warmi“, ein Kühlbeutelchen in einem handgenähten Stoffsäckchen. Sollte er später mal heiraten, tut mir die Frau jetzt schon leid.

Jetzt könnten einige Menschen auf die Idee kommen, dass das Kind nach Grenzen schreit, sanfte Führung braucht und so weiter. Das ist Unsinn. Ich glaube, er hat sich bei seinen Spielplatzbesuchen bei den anderen Kindern nach den besten Tricks erkundigt und daraus seine Strategie entwickelt, à la „So kommen Dreijährige zu ihrem Recht“ oder „Zermürbung des Gegners mit dem Warum-Prinzip“. Und er ist wirklich gut. Ich: „Hör sofort auf damit.“ Er (glockenhell): „Ja, aber warum denn hör auf damit, Mama?“ Ich: „Weil ich das nicht möchte.“ Er: „Ja, warum denn nicht möchte?“ Ich: „Weil es kaputtgeht.“ Er: „Ja, warum denn kaputt?“ Ich: „Ja warum denn, ja warum denn?“ Er lacht und hüpft davon. Seine schärfste Waffe ist allerdings nicht „warum denn“, auch nicht Schreien oder Weinen. Er singt! Das ist viel schlimmer. Er: „Ihihich nehmehehe Mamas Hahandy uhuhund drühücke alle Nuuuummern, dann ist es, dann ist es, dann ist es gesperrt …“ Wer, bitte, ist so herzlos und schimpft mit einem singenden Kind? Wer will derjenige sein, der dieses hüpfende, tanzende, singende Wesen in die Schranken weist? Die Lebensfreude, patsch, per Vorschlaghammer erledigt? Ich sicher nicht.

Dafür ist es auch viel zu lustig. „Mama, ich wünsch mir einen Buckel!“ Ich: ???? Dreijähriger: „Dann kann ich sagen: Rutsch mir den Buckel runter …“ Oder: Ich: „Warte, ich will nur mal kurz …“ Dreijähriger: „Mama, ICH WILL gibt es nicht, sonst kommt der Ich-will-Löwe und frisst das Ich-Will einfach auf.“

Nur mit der Mediennutzung haben wir kein Problem. Nachdem der Dreijährige mein iPad in die Finger bekommen hat, ist es für die nächsten 24.335.112 Minuten gesperrt. Danach können wir wieder versuchen, den Code einzugeben. Wenn er uns noch einfällt.