Rom.

Wo bettet ein Papst sein Haupt, wenn die Sommerhitze in Rom wütet? Auf einem ganz normalen Bett mit einem Gestell aus Messing. Zwei kleine Nachttische daneben, ein großer Holzschrank, eine schlichte Sitzgruppe, kahle Wände. 15 von 33 Päpsten schliefen in diesem Raum, seit Papst Urban VIII. den päpstlichen Palazzo 1626 in Castel Gandolfo, 30 Kilometer südlich von Rom in den Albaner Bergen gelegen, in eine Sommerresidenz umbauen ließ. Seit diesem Wochenende kann man die Privaträume, seit 400 Jahren eifersüchtig vor den Blicken Neugieriger behütet, besichtigen.

„Der Atem der Geschichte“ berühre nun auch die Besucher, sagte der Direktor der Vatikanischen Museen Antonio Paolucci zur Eröffnung feierlich. Einen wuchtigen Schreibtisch mit dem Wappen von Papst Pius XII. und ein Gemälde des berühmten Renaissance-Malers Paolo Veronese im Arbeitszimmer meint er damit im Laufe der Führung. Oder die Möbel im Esszimmer, die aus dem Pontifikat von Papst Clemens XIV. im 18. Jahrhundert stammen. Im Badezimmer zieren Fresken die Wände. Im Thronsaal und im Saal des Konsistoriums herrscht Pracht aus Jahrhunderten: Gold, Brokat und Marmor zieren Wände, Möbel, Fußboden. Andere Räume sind schlichter: das Schlafzimmer, in dem auch die „Kinder des Papstes“ geboren wurden – so nennen sich die 40 Babys, die im Papstbett zur Welt kamen, während die Residenz im Zweiten Weltkrieg als Lazarett diente.

Atemberaubend ist der Blick von der Terrasse auf den Albaner See mit seinem sattgrünen vulkanischen Krater, nachmittags im Kühle spendenden Schatten gelegen. „Hier speisten die Päpste an Sommerabenden“, verrät der Direktor der Papstresidenz Osvaldo Gianoli. Zur Residenz gehören auch 55 Hektar Land, Renaissance-Gärten, Eichenwälder, Olivenhaine und altrömische Ruinen. Und im Westen glitzert in der Ferne das Mittelmeer.

Joseph Ratzinger kam oft monatelang herauf, als er noch Papst Benedikt XVI. war. Er liebte die Spaziergänge. Berühmt sind Bilder, die ihn beim Füttern der Goldfische zeigen. Papst Johannes Paul II., heute ein Heiliger, amüsierte sich dabei, in den Sommerferien mit einem dunkelblauen BMW aus den 80ern durch die Ländereien in Castel Gandolfo zu düsen. Damals war im Ort viel los, wenn der Papst kam. Zur Messe drängten sich Tausende Menschen auf der Piazza.

Die Anwohner hoffen, der Papst kommt zurück

Seit 2013 war es damit vorbei. Papst Franziskus bleibt im Sommer in Rom. Die luxuriöse Abgeschiedenheit ist nicht sein Stil. Schon 2014 öffnete er die päpstlichen Gärten für Besucher, 2015 erste Teile des apostolischen Palastes, mehrere Säle mit päpstlichen Roben, Porträts, Kunstwerken und Papststühlen. Die Anfahrt nach Castel Gandolfo erleichtert heute ein Zug, der jeden Sonnabend vom Bahnhof San Pietro am Vatikan abfährt. Die päpstlichen Gärten kann man heute bequem mit einer Bimmelbahn durchqueren. Tickets gibt es über das Portal der Vatikanischen Museen.

Dass Franziskus nicht mehr komme, sei „nichts Skandalöses“, betont der Kurator der Vatikanischen Museen Sandro Barbagallo. Auch andere Päpste vor ihm hätten Rom nicht verlassen. Und falls sich Franziskus’ Nachfolger dafür entscheide, wieder in den Gemächern zu residieren? Die Entscheidung des jetzigen Papstes könne natürlich auch wieder rückgängig gemacht werden.

Die Einwohner von Castel Gandolfo würden das sicher unterstützen. „Die Touristen kommen noch, aber nicht mehr so viele wie früher, als der Papst persönlich noch hier war“, sagt Stefano Carosi, der vor den Toren des Palastes ein Café betreibt. „Es ist was anderes, wenn der Papst hier vor Ort ist.“ Benedikt habe bei ihm zwar noch keinen Espresso getrunken, aber der Ex-Papst komme immer noch hin und wieder für einen Spaziergang nach Castel Gandolfo. Die Bürgermeisterin des Ortes hegt trotz allem die Hoffnung, dass Franziskus doch noch Interesse an der Sommerresidenz zeigt und sich wieder sehen lässt. „Er hat mich gefragt, ob ich böse auf ihn sei, weil er nicht komme. Da habe ich natürlich Nein gesagt“, sagte Milvia Monachesi unlängst der italienischen Zeitung „La Repubblica“. „Aber unsere Hoffnung, dass er doch kommt, besteht natürlich noch.“