Moskau.

Die Spannung steigt mit jedem Kilometer, den sich die europäisch-russische Sonde dem Mars nähert. Erstmals wollen die Europäische Raumfahrtagentur Esa und ihr russischer Partner Roskosmos gemeinsam ein Testmodul auf dem Roten Planeten landen lassen. Mit dem Milliardenprojekt ExoMars suchen sie nach Spuren von Leben auf dem Nachbarplaneten der Erde. Nach rund 500 Millionen Kilometern und sieben Monaten Flugzeit soll das Testmodul „Schiaparelli“ am heutigen Mittwoch im Marshochland Meridiani Planum landen. Es wäre die erste erfolgreiche Landung der Esa auf dem Nachbarplaneten der Erde. Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Warum ist ExoMars wichtig?

Neben der Hoffnung auf Hinweise von Leben sehen Forscher großes technisches Entwicklungspotenzial, sollte die erste Marslandung der Esa und ihres russischen Pendants Roskosmos gelingen. Wenn die Analysen auf der Oberfläche Erfolg hätten, sei das ein „Quantensprung für eine Agentur, die bislang vor allem Satelliten gebaut hat“, meint Esa-Experte Jorge Vago. ExoMars gilt auch als Beispiel dafür, dass Kooperation von Ost und West trotz politischer Krisen möglich ist.

Wie soll die Landung des Testmoduls „Schiaparelli“ ablaufen?

Die computergesteuerte Landesequenz von „Schiaparelli“ beginnt 121 Kilometer über dem Marsboden. Zunächst muss die Geschwindigkeit von 21.000 Stundenkilometern (km/h) rasch gedrosselt werden. „Wir bremsen durch die Reibung mit der Atmosphäre“, erklärt Esa-Experte Jorge Vago. Nach gut drei Minuten geht bei einer Restgeschwindigkeit von 1700 km/h und elf Kilometern Höhe ein großer Fallschirm auf. 1000 Meter über dem Boden löst sich „Schiaparelli“ vom Schirm und schaltet vorübergehend seine Bremstriebwerke an. Eine Art Airbag soll auf den letzten zwei Metern im freien Fall den Aufschlag abfedern. Geplant ist die Landung im Marshochland Meridiani Planum nahe des Äquators.

Wird es Fotos geben?

Eine wissenschaftliche Kamera hat ExoMars nicht an Bord. Panoramabilder aus dem All wird es diesmal also nicht geben. Aber eine Art Webcam an der Unterseite des Moduls soll 15 Schwarz-Weiß-Fotos der Marsoberfläche schießen – das erste in drei Kilometern Höhe, die weiteren Bilder in Intervallen von 1,5 Sekunden. Zudem will ein US-Forschungsteam die Kameras des Rovers „Opportunity“, der derzeit über den Mars fährt, nach oben richten, um „Schiaparelli“ und den Fallschirm zu filmen. „Wir erwarten aber keine sensationellen Aufnahmen“, sagt Roskosmos-Chef Igor Komarow.

Wie groß sind die Chancen, Leben auf dem Mars zu finden?

Eine Erfolgsgarantie könne es nicht geben, sagt Oleg Orlow vom Institut für biomedizinische Probleme in Moskau. „Aber vor ein paar Millionen Jahren waren die Verhältnisse auf dem Mars besser. Wir finden jetzt vielleicht kein Leben – aber wenn wir entdecken würden, dass es dort Leben gab, wäre das bereits eine Sensation“, sagt der Forscher. Salzwasser sei auf dem Mars schon nachgewiesen worden. „Der Mensch würde auf der Oberfläche nach 14 Tagen an der Strahlung sterben. Hingegen haben Experimente gezeigt, dass bestimmte Organismen dort mehr als 60.000 Jahre überstehen können.“

Was passiert mit dem Mutterschiff „Trace Gas Orbiter“ (TGO)?

Nach der erfolgreichen Trennung von TGO und Testlandemodul am vergangenen Sonntag schwenkt der Forschungssatellit in einen sogenannten Parkplatz-Orbit ein. Die ersten vier Monate soll TGO in einer elliptischen Bahn auf bis zu 100.000 Kilometern Höhe um den Mars kreisen. Ab Januar ist ein etwa einjähriges Bremsmanöver geplant, das ihn auf seine Zielumlaufbahn von 400 Kilometern über dem Boden bringen soll. Ende 2017 soll die Forschung beginnen. Die Landung von „Schiaparelli“ auf dem Roten Planeten soll TGO aber schon beobachten.

Was mussten die Forscher vor dem Start besonders beachten?

Um der Mission nicht von vornherein den Sinn zu nehmen, wurde das Landemodul auf der Erde keimfrei zusammengebaut – damit keine Bakterien daran haften. „Niemand will aufwendig Sonden zum Mars schicken, um organische Verbindungen zu finden, die vorher jemand dort hingeschleppt hat“, sagt Igor Mitrofanov vom Institut für Weltraumforschung der Russischen Akademie der Wissenschaften. Allein schon der Flug zum Mars sei wegen starker Strahlung und großer Temperaturschwankungen für die Messgeräte ein erhebliches Risiko.