Bangkok.

Die letzte Amtshandlung war die Unterschrift unter die Liste der diesjährigen Offiziersbeförderung von Thailands Streitkräften vor wenigen Tagen. Am Donnerstag starb König Bhumibol im Alter von 88 Jahren nach langer Krankheit im Siriraj-Hospital in Bangkok. Sieben Jahrzehnte war er auf dem Thron, er galt als das am längsten amtierende Staatsoberhaupt weltweit. Kaum einer der 66 Millionen Thailänder kennt das Königreich ohne Bhumibol. Viele können sich das Land ohne den Monarchen kaum vorstellen. Die Militärregierung hat ein Jahr Staatstrauer angeordnet.

Es entspricht seiner Regentschaft, dass die letzte Amtshandlung des Königs ausgerechnet den Streitkräften galt. Sie dienten dem Monarchen immer als unentbehrliche Stütze. Wann immer die Generäle mit einem Staatsstreich die Modernisierung des Landes unterbrachen, gab Bhumibol den Militärs grünes Licht.

In das Gedächtnis grub der König sich freilich wegen einer mahnenden Geste aus dem Jahr 1992 ein. Mit erhobenem Zeigefinger wies er zwei Generäle zurecht, nachdem die Offiziere bei massiven Protesten über 100 Studenten massakriert hatten. Über den blutigen Zwischenfall wird heute in dem Königreich, das seit dem Jahr 2014 schon wieder von einer Militärjunta regiert wird, ebenso ungern geredet wie über ein ähnliches Massaker im Jahr 1976.

Am 5. Dezember 1927 wurde Bhumibol in Cambridge im US-Staat Massachusetts geboren, sein Vater hatte in den USA Medizin studiert. Bhumibol ging in der Schweiz zur Schule, als ihn erstmals ein Schlag des Schicksals ereilte. Bei einem Autounfall kollidierte sein kleiner Fiat mit einem Lastwagen. Bhumibol verlor ein Auge. Trotz der Verletzung machte er auf dem Krankenbett seiner späteren Ehefrau Sirikit den Hof.

Der König feierte einst im Jetset

Doch entscheidend für das weitere Leben von Bhumibol wurde eine verhängnisvolle Nacht am 9. Juni 1946. Bhumibols älterer Bruder König Ananda Mahidol starb unter mysteriösen Umständen an den Folgen einer Schusswunde. Zwei Palastmitarbeiter wurden hingerichtet. Britische Ermittler aber hatten herausgefunden, dass Bhumibol als letzter Besucher bei König Ananda war. Bhumibol übernahm den Thron.

Das Königspaar wurde zur festen Größe im europäischen Adels-Jetset, beide waren Stammgäste auf feudalen Partys. Der König sprach Englisch und Französisch, war begeisterter Fotograf und spielte leidenschaftlich Saxofon.

Trotz ihres glamourösen Lebens verhalfen Bhumibol und seine Ehefrau Sirikit in den ersten Jahrzehnten Thailands Monarchie zu neuer Blüte. Die offizielle Darstellung Thailands verherrlichte Bhumibol schon zu Lebzeiten als „König der Entwicklung“. Das Königreich wandelte sich unter dem Monarchen von einer landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft zu einer 390 Milliarden US-Dollar schweren Wirtschaft mit einer Armutsrate von nur elf Prozent im Jahr 2014.

Aus Bauern wurden Mittelklassebürger. Sie verlangen mehr politische Mitsprache, die ihnen von der militärischen und ökonomischen Elite rund um das Königshaus verwehrt wird. Royalisten und Sicherheitskräfte setzen dabei immer häufiger den drakonischen Paragrafen der Majestätsbeleidigung ein.

Im gleichen Krankenhaus, in dem Bhumibol starb, wird auch Bhumibols Frau Sirikit (84) behandelt. Sie ist seit einem Schlaganfall 2012 schwer krank.

Im Land zeigte sich nach der Todesmeldung beispiellose Trauer. Vor dem Sirijaj-Krankenhaus knieten Tausende Menschen in den Straßen und beteten, viele von ihnen in Tränen aufgelöst. „Er hat nie das Königsleben genossen, er hat sein ganzes Leben hart gearbeitet“, sagte der Rentner Sakda Sachamitr.

„Die blühende Regentschaft des Königs ist zu Ende“, sagte der Putschführer und Regierungschef Prayut Chan-o-cha in einer Fernsehansprache. „Er hat das Leben aller auf das Tiefste berührt, wir schulden ihm große Dankbarkeit.“ Kronprinz Vajiralongkorn solle neuer König werden, sagte Prayut. Er nannte ihn nicht beim Namen, sondern bezog sich lediglich auf den „1972 ernannten Thronfolger“ – das ist Vajiralongkorn (64). Der ist bei Weitem nicht so beliebt, wie sein Vater es war. Er ließ verlauten, er wolle sein königliches Erbe annehmen, aber die Krönung noch hinausschieben, um zu trauern.