Victor Bodo inszeniert „Pension zur wandernden Nase“ nach Gogol im Malersaal

Mit der Uraufführung seiner Kafka-Adaption „Ich, das Ungeziefer“ landete der ungarische Regisseur Victor Bodo im Malersaal des Schauspielhauses Anfang 2015 einen stets ausverkauften Hit. Auch in seiner neuen Produktion dürften skurriler Humor, aber auch ein genauer Blick auf das Zeitlose und Gegenwärtige in Klassikern der Literatur zu finden sein. Am 15. Oktober kommt „Pension zur wandernden Nase“ zur Uraufführung im
Malersaal des Schauspielhauses.

Victor Bodo nimmt sich diesmal mit einem großen Ensemble Motive aus Erzählungen und Dramen Nicolai Wassiljewitsch Gogols (1809–1852) vor, eines russischen Schriftstellers ukrainischer Herkunft, als dessen Hauptwerk der Roman „Die toten Seelen“ gilt. „Wir haben in einer Art Workshop viele verschiedene Texte von Gogol gelesen. Dabei sind wir auf einen Einakter gestoßen, ,Der Spieler’, der von uns als Basis für die theatrale Umsetzung sehr gut und passend schien“, erzählt ­Victor Bodo. „Andere Motive und Dialoge entstammen vor allem der Erzählung ,Die Nase’. Der Autor Peter Karpati hat eine eigene Bearbeitung erstellt, die während der Proben noch weiterimprovisiert wurde.“

Gogol hatte das Gespür für das Absurde und Groteske

Warum dieser durchaus eigenwillige, im Alter von 42 Jahren an Schizophrenie gestorbene Autor? Der mehrfach ausgezeichnete, 1978 in Budapest geborene Regisseur Victor Bodo hat bereits die Gogol-Werke „Der Revisor“ und „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“ in Ungarn inszeniert. „Er ist ein unglaublich moderner Autor, wenn man die Texte liest, obwohl er ja die Gesellschaft des feudalistischen Zarenreiches im 19. Jahrhundert beschreibt“, sagt Victor Bodo. „Aber mit welchem Humor und Sinn für das Absurde und Groteske er die dunklen Seiten der Gesellschaft aufzeigt, das ist großartig und kann genauso für unsere heutige gelten.“ Die Figuren sind bei Gogol fast immer von Korruption und Gier nach Geld geprägt.

Das unvollendete komische Schauspiel „Der Spieler“ erzählt von einem Falschspieler, der in einem abgelegenen Gasthof auf dem Land mehrere Mitspieler, darunter ein Oberst, ein Gutsbesitzer und ein Bankbesitzer, ausnehmen will. In dieser durchtriebenen Runde aus von Leidenschaft Besessenen, wo jeder jeden nach Kräften belügt, werden am Ende auch die Betrüger betrogen. Davon erzählt Gogol aber mit großer Lust und Sinn für komisches Potenzial seiner Figuren. Letztlich versteckt er darin auch einen Aufruf zu Wachsamkeit und List.

In der surrealen Erzählung „Die
Nase“ findet ein Friseur die Nase eines Kunden in seinem Frühstücksbrot und entsorgt sie in Panik. Auf der Suche nach dem verlorenen Körperteil kommt es zu allerlei absurden Situationen. War am
Ende alles nur ein Trau, und wenn ja,
wofür steht die Nase?

Gogol legt stets das Dämonische und Abgründige in den Menschen bloß. Häufig jedoch auf komische Weise. Mit einem spielfreudigen Ensemble, zu dem auch Samuel Weiss, Paul Herwig, Bastian Reiber, Karoline Bär und Ute Hannig gehören, dürfte es ein Abend werden, der zum Nachdenken anregt, aber gleichzeitig beste Unterhaltung verspricht. Und vielleicht taucht ja auch die Nase wieder auf.

„Pension zur wandernden Nase“ Uraufführung Sa 15.10. (ausverk.), dann Mo 17.10., Mi 19.10., jew. 20.00, Malersaal im Schauspielhaus (U/S Hbf),
Kirchenallee 39, Karten zu 22,- unter T. 24 87 13;
www.schauspielhaus.de