Berlin.

Endlich kein Gestell mehr, das auf der Nase drückt, hinter den Ohren zwickt oder das Sichtfeld einschränkt – Kontaktlinsen sind eine sehr praktische Erfindung, sofern man sie korrekt zu pflegen weiß. Wenn nicht, können sie unangenehme bis irreparable Schäden am Auge verursachen. „Bindehaut- oder Hornhautentzündungen durch unsachgemäß gereinigte Kontaktlinsen sind leider keine Seltenheit“, sagt Dr. Oliver Hoppe, Facharzt für Augenheilkunde in Köln und Leiter des Ressorts Kontaktlinsen im Berufsverband der Augenärzte.

Welche Linsen sind die richtigen?

Weiche Tages-, Monats- oder Jahreslinsen oder lieber formstabile und harte? Weil jedes Auge so individuell wie ein Fingerabdruck ist, sollte sich jeder Interessierte beim Fachmann, dem Augenarzt oder dem Kontaktlinsenspezialisten beraten und untersuchen lassen. Viele Nutzer wählen die weichen Linsen, weil sie ihnen komfortabler erscheinen. Und doch registrieren laut Umfragen viele Träger weicher Linsen am Ende des Tages eine Abnahme des Tragekomforts. Zwar hat die Industrie darauf mit der Entwicklung einer neuen Generation von Silikonhydrogellinsen reagiert, unter Experten jedoch gelten formstabile Linsen als empfehlenswert, da sie eine noch bessere Sauerstoffversorgung des Auges gewährleisten, sich leichter reinigen lassen und seltener Komplikationen verursachen.

„Von der Oberflächenstruktur her kann man eine formstabile Linse mit einem Teller vergleichen, eine weiche Linse hingegen eher mit einem Schwamm“, erklärt Hoppe. Will heißen: Auf den harten Linsen bilden sich deutlich weniger Ab- und Einlagerungen, die zu Allergien und bakteriellen Entzündungen führen können.

Wie reinigt man die Linsen?

Gar nicht gereinigt werden müssen Tageslinsen, die nach einmaligem Tragen weggeworfen werden. Diese seien aber in der Regel noch weniger sauerstoffdurchlässig und damit unkomfortabler als individuell angepasste Weich- oder Hartlinsen, so Hoppe.

Für alle anderen Linsentypen gilt: Eine gründliche Reinigung ist unerlässlich. Also zunächst einmal: Händewaschen. Weil sich gerade im Feuchtbereich viele Keime besonders wohlfühlen, etwa die robuste Akanth­amöbe, die Hornhautentzündungen verursachen kann, sollte man das Wasser für einige Sekunden laufen lassen, um diese und andere Keime aus dem Wasserhahn zu spülen. Zum Händewaschen eignet sich am besten eine möglichst schlichte Seife – und keine rückfettenden Produkte.

Mit den sauberen Fingern nimmt man die Linsen heraus und benetzt sie mit einer geeigneten Kontaktlinsenlösung. Je nach Linsentyp kommen unterschiedliche Mittel zum Einsatz: Bei weichen Linsen eignet sich entweder eine Multifunktions- oder eine Peroxidlösung. Letztere muss nach der Anwendung mit einer weiteren speziellen Lösung oder Tabletten im Aufbewahrungsbehälter für mehrere Stunden neutralisiert werden, damit keine Gefahr einer Hornhautschädigung durch das Wasserstoffperoxid besteht. Manche Aufbewahrungsbehälter sind deshalb mit einer dünnen Platinschicht als Katalysator bedampft, die ebenfalls für eine Neutralisation ausreicht.

Auch bei formstabilen Linsen ist ein Peroxidsystem anwendbar, oder wiederum spezielle Lösungen. Diese enthalten teilweise Mikropartikel, ähnlich wie eine Scheuermilch, was viele neuere Materialien nicht vertragen. „Daher sollte man nicht einfach nach Belieben das Pflegesystem wechseln, sondern sich gut beraten lassen“, sagt Oliver Hoppe.

Unabhängig von der verwendeten Lösung muss die benetzte Linse auch mechanisch gereinigt, also ordentlich abgerieben werden. „Das gilt selbst dann, wenn der Hersteller der Lösung damit wirbt, dass kein Reiben erforderlich sei“, so Hoppe. Auch einen schmutzigen Teller würde man schließlich nicht bloß ins Spülwasser eintunken. Verzichtet man auf das mechanische Säubern, entsteht mit der Zeit ein unsichtbarer Biofilm, der zum einen zu einer Reduktion der Sauerstoffdurchlässigkeit führt und zum anderen Infektionen begünstigt.

Zum Schluss werden die Linsen noch einmal mit der Lösung abgespült und in den Aufbewahrungsbehälter gelegt. Bevor man sie am nächsten Morgen einsetzt, werden Rückstände des Reinigungsmittels mit Kochsalzlösung entfernt.

Zusätzlich zur täglichen Reinigung müssen wöchentlich oder auch nach persönlichem Bedarf vor allem bei weichen Linsen Einlagerungen entfernt werden, die durch den Tränenfilm entstehen, und denen mit Reiben nicht beizukommen ist. „Diese Proteinentfernung mittels spezieller Tabletten oder Lösungen verlängert die Lebensdauer der Linsen“, sagt Hoppe. Sie kann je nach Reinigungssystem unter Umständen auch bei festen Linsen erforderlich werden.

Welche Fehler sollte man unbedingt vermeiden?

Für ein großes Problem hält Oliver Hoppe die Alltagsschludrigkeit, die sich einstellt, je länger ein Patient seine Linsen schon trägt. Die Reinigungsabläufe hat man verinnerlicht, alles läuft automatisch ab – und man wird irgendwann weniger gründlich. Ein häufiger Fehler sei auch das übermäßige Tragen von Weichlinsen, zum Beispiel über Nacht. „Die Hornhaut bekommt 80 Prozent des benötigten Sauerstoffs aus der Luft – wird sie dauerhaft von der Kontaktlinse bedeckt, entsteht ein Sauerstoffmangel und das Auge leidet“, erklärt Oliver Hoppe. Auch vermeintlich clevere Methoden, wie etwa das regelmäßige Umfüllen der Lösungen in kleinere, reisetaugliche Behälter, kann verhängnisvolle Folgen haben. Denn in den immer wieder verwendeten Fläschchen sammeln sich mit der Zeit Mikroorganismen wie Pilze an.

Wie machen sich Rückstände auf den Kontaktlinsen bemerkbar?

Unsaubere Linsen bedeuten häufig zunächst Komfortverlust: Ein Fremdkörpergefühl oder verschwommenes Sehen deuten auf die mangelnde Reinigung hin. „Allerdings kann eine Linse auch schlecht gepflegt sein, ohne dass der Betroffene es merkt“, sagt Oliver Hoppe, „bis sich dann die Symptome einer Infektion zeigen“.