Halstenbek. Zwei Rentner kümmern sich auf ihre Art um den Dreck anderer Leute. Sie sammeln in dem Naherholungsgebiet auf, was Besucher wegschmeißen

Manche Menschen sammeln Briefmarken, andere horten Bierdeckel oder Münzen. Wer es sich leisten kann und Freude daran hat, legt sich vielleicht sogar eine Sammlung von hochwertigen Oldtimerautos zu. Schon in der Altsteinzeit waren neben Jägern auch Sammler unterwegs, um mit dem Einsammeln von Pflanzen und Früchten als Nahrungsmittel ihr Überleben zu sichern.

Auch am Krupunder See in Halstenbek sind regelmäßig zwei Sammler anzutreffen. Allerdings wurden Dieter Haack (62) und Burkhard Bubbers (63) von einer sehr speziellen Sammelleidenschaft gepackt, die nicht dem Eigenbedarf dient. Die beiden Ruheständler haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Spazierwege des Naherholungsgebietes, das Seeufer und die angrenzenden Straßen und Parkplätze so weit es geht von Müll und Unrat zu befreien.

Hilfe! Sind da etwa zwei übereifrige Ordnungsfanatiker am Werk, die mit stechendem Blick durch die Botanik streifen, um jeden kleinen Krümel aufzupieken? Weit gefehlt! Und auch keine Spur von Müllpolizei. Schon gar nicht geht es darum, Umweltfrevler zu ermitteln und bei den Behörden anzuschwärzen. Für beide gilt, was Haack so zusammenfasst: „Wir machen das ehrenamtlich, ohne Auftrag, aus eigenem Antrieb und haben einfach Freude daran, uns unterwegs an der frischen Luft ein bisschen zu betätigen.”

Bubbers, der früher als Gärtner arbeitete, ist seit vier Jahren als Abfallsammler im Einsatz. Haack, der in der EDV-Branche tätig war, hat vor eineinhalb Jahren damit begonnen, sich um den Dreck anderer Leute zu kümmern. Auslöser war bei Bubbers die Erfahrung, „dass dort, wo schon Abfall liegt, schnell noch weiterer hinzukommt“. Seitdem ist er drei- bis viermal die Woche als Müllsammler unterwegs. Haack, der seit 34 Jahren in der Nähe des Krupunder Sees wohnt, packte der Ehrgeiz, als ihn ein Passant ansprach und sich über Halstenbeks schmutzige Straßen beklagte.

Schließlich sei das Revier um den See mit zwei Hotels in der Nachbarschaft auch Ziel von auswärtigen Touristen und Naherholungssuchenden. Grund genug, das Image Krupunders mit persönlichem Einsatz ein bisschen aufzupolieren, findet Haack und ist seitdem täglich mindestens eine Stunde lang auf Tour.

Dabei traf er eines Tages auch auf Burkhard Bubbers. Mittlerweile haben die beiden Männer ein freundschaftlich-kollegiales Verhältnis, sind jedoch weiterhin überwiegend getrennt unterwegs. Eine Arbeitsteilung hat sich mehr zufällig ergeben. Während Dieter Haack, ausgestattet mit einer langarmigen Greifzange, mehr Kleinmüll wie Zigarettenkippen, Papiertaschentücher, Kronen­- korken und Glasscherben aufpickt, ist Burkhard Bubbers eher der Mann fürs Grobe.

Halstenbeks Bürgermeisterin würdigt das Engagement

Der 63-Jährige sammelt Zigarettenschachteln, weggeworfene Lebensmittelverpackungen und leere Flaschen ein. Der Unrat wird meistens fachgerecht in den am Straßenrand geparkten Behältern und Papierkörben entsorgt.

Wenn zu viel Abfall anfällt, spendieren die Gratissammler sogar mal einen amtlich zugelassenen Müllsack, um die größere Mengen zu bewältigen. Vor allem bei sommerlichen Temperaturen herrscht am Krupunder See trotz Badeverbots oft großer Publikumsandrang. Dementsprechend üppig fallen dann auch die Hinterlassenschaften aus. Und dann sind Glasscherben ein besonderes Problem, weil viele Besucher auch barfuß am Seeufer unterwegs sind und sich dabei verletzen können.

Dieter Haack betrachtet das Verhalten seiner Mitmenschen durch die heiter-ironische Brille: „Da hat sich wohl das Virus der Müllfalleritis ausgebreitet. Was nicht mehr gebraucht wird, fällt den Leuten einfach aus der Hand.“ Allerdings gibt es nach seiner Erfahrung auch Menschen, die gezielt Müllverstecke im Gebüsch anlegen, obwohl doch die grünen Müllbehälter ganz in der Nähe zu finden sind.

Die beiden Hobby-Müllwerker ernten für ihren Einsatz manchmal auch lobende Worte oder den nach oben gestreckten Daumen als stilles Signal der Anerkennung. Auch Halstenbeks Bürgermeisterin würdigt das freiwillige Engagement. „Ich bin dankbar dafür, dass die Freiwilligen die mehrmals in der Woche tätigen Mitarbeiter der Gemeindewerke unterstützen”, sagt Linda Hoß-Rickmann.

Dieter Haack und Burkhard Bubbers freuen sich vor allem darüber, dass inzwischen einige weitere Halstenbeker gelegentlich im Revier um den See unterwegs sind, um es ihnen gleichzutun. Offenbar scheint das Müllsammel-Virus ansteckend zu sein.